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Leadbeater: Irrige Ansichten über den Tod. 373
Sie Ihren Schmerz und denken daran, dass ungehemmter
Jammer Ihren Lieben Schaden bringt, und dass unser Denken
an sie voll Liebe und Zuneigung sein sollte, da wir ihnen
dadurch helfen und sie fördern. Wir sollten ihnen die Bedingungen
und Zustände wünschen, die ihnen am meisten
nützen können; und wenn Sie fragen würden, was wir denn
unseren abgeschiedenen Lieben wünschen sollten, dann könnte
ich nichts Besseres thun, wenigstens im Allgemeinen, (es sei
denn, Sie wüssten etwas, was Ihrem Freund besonders nöthig
wäre und wünschten ihm dann dieses), als Sie wiederum
auf die katholische Kirche zu verweisen. Dort finden Sie
eine sehr schöne Strophe in einer Antiphonie, einem Wechselgesang
, der vor und nach jedem Psalm bei der Todtenvesper
gesungen wird. Sie heisst so: „Gewähre ihm, o Herr, ewige
Ruhe und lass* das ewige Licht seinen Schein auf ihn ausströmen
!" Es giebt keinen schöneren Wunsch für den Todten
als diesen. Wer es auch gewesen sein mag, der in nebelhaft
ferner Vergangenheit der frühesten Kirche diese Antiphonie
verfasste, er wusste sehr gut, wie der Zustand der Dinge
war. Das ist gerade, was die Seele bedarf, das Ausruhen
von all der Sorge und Last, das Aufgeben aller Gedanken
an diese Welt, dass sie nicht zu ihr zurückgezogen wird,
sondern zum ruhigen Frieden gelangt, um bereit und empfänglich
zu werden für die höheren Einwirkungen, die dann auf
sie einströmen; und wenn sie dann diesen Zustand der Ruhe
und des Friedens erlangt hat, soll das ewige Licht der
göttlichen Liebe, wie das Sonnenlicht auf die Blume, auf
sie herabströmen und sie zu sich empor ziehen» Es giebt
nichts Besseres, was Sie ihnen wünschen können, es sei
denn, wie gesagt, Sie wüssten von einer speziellen Hülfe in
einem speziellen Falle. —
Diese Stellung sollten Sie der theosophischen Lehre
gemäss dem Tode Ihrer Lieben gegenüber einnehmen. Welch
grosser Segen würde diese Lehre für viele gebrochene Seelen
sein, wenn sie im Stande wären, sie anzunehmen. Diese
theosophische Lehre, die ich, wenn auch nur in rohen Umrissen
versucht habe, Ihnen darzulegen, hat bei vielen von
uns ein begeistertes Interesse erregt und uns den denkbar
grössten Nutzen gebracht. Wir bitten Sie deshalb, die Sache
aufzunehmen und sie selbst zu studiren, wie wir es gethan
haben. Ich selbst betreibe dieses Studium nun seit 18 Jahren.
Ich kann nur sagen, dass während der ganzen Zeit nicht
nur mein Interesse, sondern auch der Nutzen fortwährend
gewachsen ist, und ich diese Lehre viel nützlicher und
hülfreicher und in jeder Richtung viel befriedigender gefunden
habe, als irgend eine andere; und ich glaube, dass
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