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374 Psyohische Studien. XXIX. Jahrg. 6. Heft. (Juni 1902.)
Sie dieselbe Erfahrung machen werden, wie ich, wenn Sie
dieselbe Mühe auf sich nehmen wollen.
In diesem Glauben und in dieser Hoffnung lege ich die
Sache in Ihre Hände. Nehmen Sie sie auf, verfolgen Sie
sie und wenn Sie es thun, bin ich Ihrer Freude darüber
sicher, dass Sie heute Abend hergekommen sind und etwas
von Theosophie und Spiritismus vernommen haben.
III. Abtheiluiig.
Tagesneuigkeiten, Notizen u. dergl.
Die Strahlnngsfähigkeit des menschlichen
Körpers. *)
Wenn man vor etwa fünf Jahren einem gewiegten
Physiker von „Strahlungsfähigkeittf gesprochen hätte, so
würde man auf eine erstaunte Miene gestossen sein, da
dieser Begriff damals eben noch gar nicht vorhanden war.
Jetzt weiss Jeder, der der Naturwissenschaft und im Besonderen
der Physik einigermassen nahe steht, was dieses
Wort bedeutet, und man kann es vielleicht sogar unternehmen
, für die deutsche Bezeichnung den wissenschaftlichen
Ausdruck „Radioaktivität" einzusetzen. (Es liegt übrigens
keii Grund vor, warum nicht im Deutschen die tadeltreie
Wortbildung „Strahlungsfähigkeit" beibehalten werden sollte.)
Der neue Begiiff ging eigentlich erst von der Entdeckung
aus, dass die von Becquerel an Verbindungen des Elements
Uranium gefundene Eigenschaft zur Aussendung von unsichtbaren
, aber in ihrer Wirksamkeit erkennbaren Strahlen
bei einer grösseren Zahl von Körpern zu finden wäre. Die
berühmteste Thatsache im Verlauf dieser wichtigen Entdeckung
war der Nachweis des Radium, und von den
Radiumstrahlen ist seitdem allenthalben und zuweilen in
überschwänglicher Form die Bede gewesen. Die grösste
Merkwürdigkeit auf diesem Gebiet hat sich aber erst in den
letzten Tagen zugetragen, nämlich bei der Erörterung über
das Grabtuch Christi vor der Pariser Akademie
der Wissenschaften. Mit dieser Angelegenheit, die mit
Recht in der ganzen Welt Aufsehen erregt hat, beschäftigt
sich der Londoner „Lancet" in seiner neuesten Ausgabe von
einer neuen Seite. Diese Zeitschrift ist nicht geneigt, so
*) Aus „Bllit'er für Belehrung und Unterhaltung* (Beilage der
„Leipz. Neuest. Nachr." Nr. 18 voui 5. Mai er.).
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