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376 PsyoMsche Studien. XXIX. Jahrg. 6. Heft. (Juni 1902.)
Körpern darbieten. Die Entdeckung dieser Strahlungen ist
ursprünglich der Thatsache zu verdanken gewesen, dass sie
auf die photographische Platte wirken; aber es ist kein
Zweifel, dass auch eine sehr grosse Zahl von Stoffen vorhanden
ist, die auf die gleiche Weise wie die photographische
Platte dadurch beeiuflusst werden, wenn auch nicht in gleichem
Grade. Natürliche Photographien kann man überall entstehen
sehen. Es lässt sich das durch den einfachen Versuch beweisen
, indem man einen dunklen Gegenstand auf eine mit
Gras bewachsene oder mit frischem Kies beschüttete Fläche
legt, wo er dem Licht ausgesetzt ist. Wenn man den
Gegenstand nach einiger Zeit entfernt, so wird man seine
genauen Umrisse nicht durch Druck, sondern durch eine Art
von Photographie, auf der Unterlage abgebildet finden.
Diese Thatsache beruht wahrscheinlich nicht auf einer
Strahlungsfähigkeit, sondern auf einer Aussendung von
Dämpfen, die die photographische Wirkung ausüben. Die
dadurch erzeugten Bilder aber sind eine höchst beachtens-
wertbe Erscheinung, und zu ihnen gehört vielleicht auch
das wunderbare Bild auf dem Grabtuch Christi* T.
Die Zahl 7 im Geistesleben der Völker.
Berichtet vom Red. Dr. JP. Maier.
Bald als heilige, bald als böse Zahl spielt die 7 in der
Volksanschauung und Volkssage, besonders bei den Semiten,
eine hervorragende Rolle, und die Frage nach der Herkunft
dieser Vorstellungsweise ist ein interessantes Problem. Mit
seiner Lösung vom ethnologischen Standpunkt aus beschäftigte
sich unlängst F. t\ Andrian in den „Mittheilungen
der Wiener anthropologischen Gesellschaft.44 Als die ältesten
und rührigsten Vertreter der „heiligen44 7 erscheinen die
Babylonier, und es kann nicht zweifelhaft sein, dass die
ihnen bekannten 7 PJaneten als Träger der unwandelbaren
Ordnung des Himmels dafür den Ausgangspunkt gebildet
haben. Auch die 7tägige Woche ist bei ihnen entstanden,
angeblich um 1600 vor Christus, an Stelle der bis dahin
gebräuchlichen 5 tägigen, (welcher wohl die dem Urmenschen
nächstliegende Zählung nach den 5, bezw. 10 Fingern an
Händen und Füssen zu Grunde liegt). Auch im Schöpfungsbericht
der Babylonier spielt die 7 eine Rolle. Eine besondere
Rolle war 7 bösen Geistern zugedacht und der 7., 14., 21.,
28. jedes Monats waren „böse Tage44, an denen der König
gewisse Opfer bringen musste. — Bei den Juden spielte
die 7 eine nicht minder grosse Rolle, offenbar weil sie diese
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