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476 Psychische Studien. XXIX. Jahrg. 8. Heft. (August 1902.)
sichtsmassregeln zu beobachten Gelegenheit hatte, beharre
ich zur Stunde noch auf deren Anwendung, weil erfah-
rungsgemäss jedes Medium, als solches, betrugszugänglich
ist. Als gelegentliche Betrüger bezw. Betrügerin ist ein
Medium zu betrachten, wenn es in Ermangelung von hinreichender
Kraft mit Zuhülfenahme von Paraphernalien
Unechtes für Echtes substiiüirt. Entschuldbar ist ein solches
Manöver, wenn es im unbewussten Zustande auf
Grund von Suggestionen seitens der Sitzungsteilnehmer
oder auch der Kontroigeister sich verdächtiger Handlungen
oder lügenhafter Aussagen schuldig macht. —-
Um endlich auf die Ueberschrift zu dieser Abhandlung
zurückzukommen, entnehme ich meinen Aufzeichnungen
Folgendes: In welch innigem Zusammenhange Medien und
Phänomene stehen, ergiebt sich aus dem Umstände, dass
z. B. der widerliche Geruch des lungenkranken Mediums
(Mrs. D.) bemerkbar wird, sobald das im Zimmer herumschwebende
blecherne Sprachrohr sich einem der auf 10 Fuss
vom Medium entfernt sitzenden Seancetheilnehmer nähert.
Abgesehen von der Verschiedenheit und charakteristischen
Klangfarbe der Stimmen, die dem ausser dem Bereich des
Mediums befindlichen, als Schallfänger dienenden Tubus
entstammen, ist die Beigabe des Geruches dieselbe.
Dass es aber auch echte Apport- (resp. Blumen-) Medien
giebt, ergiebt sich daraus, dass der Geruch von Blumen
erst 3 Stunden nach der Ankunft der Mrs. Th. bemerkbar
wurde und ein jeder der im Dunkel sitzenden Theilnehmer
an der Sitzung vor seinem Platz diejenigen Blumen vorfand,
die er für sich gewünscht hatte. Selbst dem Wunsche nach
einem Blaukehlchen und einem Kaninchen wurde entsprochen
. Analogen Fällen begegnen wir häufig in der spiritistischen
Litteratur. — Was nun die von mir getroffenen
Vorkehrungen und Sicherheitsmassregeln gegen vom Medium
allfällig beabsichtigten Betrug anbelangt, so beanspruchen
dieselben das Prädikat, „wissenschaftlich", insofern unter
Wissenschaft die induktiven und deduktiven Schlussfolgerungen
mit Hinsicht auf Thatsachen event. Phänomene zu
verstehen sind. Da nun die Redaktion der „Psych. Stud."
das Wort „wissenschaftlich" so oft betont, so möchte ich
dieselbe darauf aufmerksam machen, dass die sich auf den
Spiritismus beziehenden Phänomene schon von hervorragenden
Gelehrten „wissenschaftlich" nachgewiesen wurden, bevor
der Redaktionsvertreter das Licht der Welt erblickte.*)
*) Als ob das Alles dem 1845 geborenen Schriftleiter nicht
längst bekannt wäre! Seither hat aber die psychologische Wissenschaft
solche Fortschritte erzielt und durch die Untersuchungen z. B.
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