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Deinhard: Prof. Spltta's: f,Mein Recht auf Leben". 487
eine Wendung zum Okkulten hin vorzubereiten. Solange
aber die deutsche Tagespresse nur von spiritistischem
Schwindel und Entlarvungen zu berichten weiss und alle
okkulte Psychologie leugnet, kann man es keinem deutschen
Gelehrten in Amt und Würden verdenken, wenn er mit
diesen Dingen nichts zu schaffen haben will, bei denen man,
wie diese glauben müssen, fortwährend Gefahr läuft, das
Opfer plumpen Betrugs zu werden, und demnach beständig
genöthigt ist, im Trüben fischen zu müssen.
Es ist eine unter diesen Umständen zwar recht wohl
begreifliche, aber gewiss auch recht bedauerliche Thatsache,
dass die officiellen deutschen Vertreter der Philosophie und
Psychologie von den Portschritten, die auf dem Gebiet der
okkulten Forschung im Laufe der letzten 20 Jahre gemacht
worden sind, nicht die geringste Notiz nehmen, dass sie
sich auch heute noch beharrlich weigern, auch in solche
Veröffentlichungen dieser Forschungs-Richtung, an denen
namhafte Gelehrte mitwirken, periodisch erscheinende
Schriften, wie die ,Annales des sciences psyehiques*, die ,Pro-
ceedings* der ,Society for psychical research' und Aehnliches
einen Blick zu werfen. Ebenso bedauerlich, ja vielleicht
noch bedauerlicher erscheint es mir, dass die Herren Philosophen
an unseren deutschen Universitäten sich bis heute
nicht entschliessen können, einmal vorurtheilslos — wenn
dies noch möglich ist — ihr Interesse auf jene Geistesrichtung
zu lenken, die unter dem Schlagwort „Theosophie"
sich gegenwärtig über die ganze Kulturmenschheit ausbreitet
und von allen Kultursprachen Gebrauch macht. Obwohl
die damit zusammenhängende „theosophischea Litteratur
mit einer Menge von Begriffen operirt, die Alles weit hinter
sich zurücklassen, was wir heutzutage als gesicherten
Wissensschatz der Menschheit betrachten, und schon dess-
halb Ausdrücke gebrauchen muss, die der altindischen
Metaphysik entlehnt sind, weil es eben in den modernen
Sprachen für diese Begriffe am adäquaten Ausdruck fehlt,
so ist doch der gegen diese Litteratur vielfach erhobene
Vorwurf, dass sie nur zu Schwärmerei und Aberglauben
verleite, nicht ganz stichhaltig. Denn derjenige, der diesen
Vorwurf erhebt, übersieht ihre unbestreitbaren Vorzüge,
die darin bestehen, dass sie, abgesehen von ihrer hervorragenden
ethischen Bedeutung, das Denken in einem
Maasse systematisch schult, wie dies wohl kaum durch eine
andere geistige Bewegung geschieht.*)
*) Vidc: ThoughuPower, its control and culture" by A Besaut.
London, The Theosophical Publishing Society.
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