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Deinhard: Prof. SpittaV. „Mein Recht auf Leben1'. 491
allerdings unmöglich wissen, glaube aber nicht ganz irre
zu gehen, wenn ich die Vermuthung aufstelle, dass er von
dem Standpunkt, den er als Verfasser des in Rede stehenden
Werks einnimmt, etwa Folgendes erwiedern würde: Auf
alle diese Detailfragen, auf die ich übrigens — wird er vermutlich
einschalten — gar kein Gewicht lege, giebt es
keine Antwort, kann es keine geben, denn der Natur der
Sache nach ist es geradezu undenkbar, dass unser Wissen in
diese Regionen je eindringen könnte. Deshalb ist es auch
gänzlich müssig, solche Fragen zu stellen, da diese doch
in alle Ewigkeit nicht beantwortet werden können. —
Danrt ist aber nicht etwa bloss der Standpunkt Prof.
SpittaV gekennzeichnet, so wird vielmehr Jeder urtheilen,
der, wie dieser, das Problem der Wiederkehr, das heisst
der wiederholter» Verkörperung der Menschenseele ins Auge
fasst, ohne vorher bei Denen in die Schule zu gehen, die
darüber etwas Näheres wissen. Dass ich hierbei keineswegs
an jene zahlreiche Menschenklasse denke, die sich
heutzutage Spiritisten und Okkultisten nennt, das brauche
ich ja wohl dem mit der theosophischen Litteratur vertrauten
Leser nicht noch besonders zu betonen. Freilich bleibt
auch das Wissen Derer, die ich hier im Auge habe, nur
Stückwerk, worauf hinzuweisen ich selbst niemals unterlassen
habe; trotzdem aber dringt dieses Stückwerk von Wissen
in Regionen, über die Erfahrung zu sammeln der grossen
Menge hoffnungslos solange versagt bleiben muss, bis auch
sie auf dieser höheren Entwickelungs-Stufe des Menschentbums
angelangt ist, auf der diejenigen, von denen hier die Rede
ist, schon heute thatsächlich stehen. Der Schwerpunkt der
ganzen Frage der grossen Verschiedenheit der erreichten
Entwickelungs-Stufe liegt selbstverständlich in dem richtigen
Verständniss für das Problem der Wiederverkörperung.
Ich brauche wohl kaujn zu sagen, dass es sich hier, bei
diesen „Wissenden", nicht um spiritistische Medien und
ähnliche psychische Versuchspersonen handelt, die doch
immerhin ein gewisses Interesse daran haben, ob die Welt
an ihre vorgeblichen oder thatsächlich vorhandenen ausser-
gewöhnlichen Thätigkeiten und Kräfte glaubt oder nicht
glaubt. Auf Die, welche ich hier im Auge habe, trifft dies
Letztere absolut nicht zu. Diese „Wissenden" — wie ich
sie kurz nennen will — haben es für ihre Pflicht gehalten,
ihre Erfahrungen in Regionen, in die ihnen die skeptische
Welt schlechterdings nicht zu folgen vermag, in Schriften
niederzulegen, die Jedermann zugänglich sind. Die heutige
Welt weiss mit diesen Schriften freilich wenig anzufangen.
Auf ihren Wahrheitsgehalt prüfen kann sie diese Schriften
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