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Reich: Persönlichkeit und Ewigkeit.
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einer höheren geistigen Stufe stehende Buddhist thut, oder
im Sinne eines „unausrottbaren asiatischen Aberglaubens",
mit dem der Buddhismus hoffnungslos verquickt sein soll,
wie dies in Orientalisten-Kreisen üblich ist. Solange man
sich in Europa nicht dazu bequemen kann, dem Gedanken
der Wiederkehr und damit auch dem Problem der Palm-
genie einen tieferen Wahrheitskern zuzugestehen, wird man
sich bei uns vergebens abmühen, in das eigentliche Wesen
der indischen Religionen tiefer einzudringen. Einen
Schlüssel hierzu liefern unter anderen theosophischen
Schriften Annie Besanfs in Adyar bei Madras gelegentlich
einer Jahresversammlung der theosophischen Gesellschaft in
Indien gehaltene vier Vorträge: „Four great religions"
(the theosophical Publishing Society — London, W. 3
Langham place). —
Ich habe oben darauf hingewiesen, dass die Gedankengänge
, die wir in Prof. Spitta's Werk entwickelt finden,
den mit der theosophischen Litteratur vertrauten Leser
vielfach an ihm Wohlbekanntes erinnern. So wird der Anhänger
der theosophischen Weltanschauung Prof. Spitta
sicherlich von ganzer Seele zustimmen, wenn dieser p. 270
schreibt: ,,Der Gedanke der Wiederkehr gilt lediglich für
den, der ihn aus seinem Geiste heraus erfasst, sich in ihn
hineinlebt, sein Leben in seinem Thun und Lassen mit ihm
durchtränkt und damit einen festen Stützpunkt findet".
Ich kann zum Schluss nur den Wunsch aussprechen,
dass dieses so geistvolle Buch Prof. Spitta's in unserem
Vaterland eine Periode reiferen Verständnisses und grösserer
Empfänglichkeit für den Gedanken der Wiederkehr und
damit auch für das verwickelte Problem der Palingenie, zu
dem dieser Gedanke hinführt, einleiten möge. Dann erst,
wenn eine solche Periode einmal eintreten sollte, hätte
meiner Meinung nach unser deutsches Volk ein Anrecht
auf den Titel eines Volks der Denker.
Persönlichkeit und Ewigkeit.
Von Dr. med. Eduard Reich zu Ostende in Belgien.
§ i-
Wir tauchen auf aus dem ewigen Meere des Kosmos
und sehen uns in einem Riesengewebe von Erscheinungen,
die in einander greifen und einander ursächlich bedingen.
Wir betrachten diese Erscheinungen und denken, dass dieselben
einerseits Grund haben und andererseits auf bestimmte
Zwecke hinaus laufen. Wir versetzen uns geistig auf einen
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