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Reich: Persönlichkeit und Ewigkeit.
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Entwickelung wollte, Entwiekelimg der individuellen Persönlichkeiten
von elementaren Zuständen zu immer höheren
Graden physischer und moralischer Vollkommenheit, so
musste er ein einfaches magisches Gebilde mit seinen göttlichen
Qualitäten zum Dasein rufen und demselben die
Fähigkeit verleihen, einen Organismus zu bilden, um durch
denselben und dessen Wechselwirkung mit der Aussenwelt
sich fortwährend zu entwickeln. Dieses magische Wesen
musste von Gott nothwendig in eine Welt der Beziehungen
gesetzt werden, um durch dieselbe seine Grundeigenschaften
(Denken, Fühlen, magisch Wollen und plastisch Wollen)
angemessen zu entwickeln, und mit einem Gegensatz unmittelbar
hantiren, um den Zweck zu erreichen.
Fassen wir die Seele als individualisirte magische (oder
psychische) Weltsubstanz auf, so erscheint als deren Gegensatz
und zugleich Vehikel die materielle (oder physische)
Weltsubstanz, die je nach dem Grade ihrer Verdichtung
als Kraft, Aether, Stoff zu Wirksamkeit gelangt. Die Beschlüsse
von Erkennen und Fühlen werden von dem magischen
, beziehungsweise dem plastischen Wollen ausgeführt,
indem der Wille mit Kraft manipulirt, dieselbe zu Aether
und diesen zu Materie verdichtet, Materie zu Aether und
Aether zu Kraft entdichtet, und so den Organismus anbildet
, rückbildet, erhält, entwickelt, und dadurch der
ganzen Seele die Möglichkeit gewährt, zu höheren Stufen
der Ausbildung empor zu kommen.
Gott schuf also eine magische Weltsubstanz, individualisirte
dieselbe und gewährte ihr seine eigenen Besonderheiten
für die Welt der Beziehungen; er schuf ferner eine
physische Weltsubstanz, und setzte und sicherte durch
ewige Wechselwirkung dieser beiden Substanzen fortschreitende
Entwickelung der Seele.
Da Gott jede Entwickelung auf das Spiel der Gegensätze
gründete, so mussten die von ihm geschaffenen Seelen
auch aus zwei verschiedenen Gruppen bestehen, deren einer
der Charakter der Männlichkeit verliehen wurde, der anderen
jedoch der Charakter der Weiblichkeit. Diese beiden
Gruppen mussten einander anziehen, ergänzen und neue
Wesen zeugen, auch durch das Ganze der Zeugung und
Fortpflanzung sich leiblich und seelisch entwickeln, und für
das physische und moralische Gedeihen des Nachwuchses
sorgen.
§ 3.
Nun aber begegnet uns eine Erscheinung, welche der
halb civilisirte, an geistigen Verdauungsstörungen leidende
Mensch nicht begreift und deshalb so gerne leugnet; ich
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