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504 Psychische Studien. XXIX. Jahrg. 8. Heft. (August 1Ö02.)
Wäsche draussen hängen, weil dann der böse Krebs herumfliegt
und sich mit Vorliebe an die Wäsche setzt. Der
Träger dieser Wäsche wird dann später von der unheilbaren
Krankheit befallen, die denselben Namen führt.
Wer dagegen den vorderen Theil, Kopf und Brustschild,
einer Werre bei sich trage, sei vor Fieberanfällen sicher.
In Gegenden, wo die Erdkrebse häufig ihre fernem Froschgequak
oder dem Schnurren der Nachtschwalbe ähnliche
Stimme erschallen lassen, prophezeien Ale Landleute ein
gutes fruchtbares Jahr, und in England hält man die
fliegenden Werren für die Ursache der spukhaften Irrlichter.
In manchen Gegenden hält man ihren Biss für giftig.
Auch sollen Schweine unmittelbar nach ihrem Genüsse
sterben, da sie Magen und Gedärme der Dickhäuter zerkratzen
. Dass diese Behauptungen unrichtig sind, beweist
(?Red.) der Umstand, dass in einigen Gegenden kleinere
Kinder mit gefangenen Werren wie mit Maikäfern spielen.
Der Schaden, den die Erdkrebse anrichten, ist grösser
als man denkt. Sie sind freilich Allesfresser, welche besonders
im Alter so erpicht auf Fleischkost sind, dass sie
wie weiland Cbronos ihre eigenen Kinder verschlingen,
wenn diese das Unglück haben, den Weg ihrer Eltern zu
kreuzen. Der Kannibalismus steht bei ihnen in höchster
Blüthe. Man hat beobachtet, dass die Männchen ihrer
Liebchen wegen blutige Duelle veranstalten, welche nicht
nur mit Kampfunfähigkeit oder Tod, sondern mit völliger
Vernichtung des Gegners enden, indem der Ueberlebende
den Besiegten verspeist. Noch ärger und fast unglaublich
klingt, was der ausgezeichnete Forstmann Nördlinger erzählt
. Beim Umgraben des Gartenlandes war eine Maulwurfsgrille
mit an das Tageslicht befördert, durch einen
Spatenstich quer halbirt und, wie man glauben musste,
getödtet worden. Wie gross war das Entsetzen unseres
Gewährsmannes, als er nach Verlauf einer Viertelstunde
zufällig nach der vermeintlichen Leiche hinblickte und sah,
wie das vordere Ende beschäftigt war, behaglich vom hinteren
zu schmausen! Ihre Hauptnahrung, und dadurch
unterscheiden sie sich wesentlich vom Maulwurf, der jede
Pflanzenkost verschmäht, besteht jedoch in Pflanzenwurzeln
, wie zahlreiche Beobachter festgestellt haben.
Wählerisch scheinen sie gerade nicht zu sein: Graswurzeln
scheinen ihnen eben so gut zu munden wie Kartoffeln und
Zuckerrüben. Dazu kommt noch, dass sie alle Wurzeln,
die ihnen bei Anlage ihrer Gänge und Nester hinderlich
sind, einfach durchbeissen. Der grosse gelbe Fleck oberhalb
des Nestes scheint darauf hinzudeuten, dass die
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