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578 Psychische Studien. XXIX. Jahrg. 9. Heft. (September 1902.)
darlegt. Döder lein hält die Lösung des Problems im Interesse
der Menschheit nicht einmal für wünschenswert^ wohl aber
glaubt er, nachdrücklich auf die statistische Thatsache hinweisen
zu sollen, dass ein bedeutender XJeberschuss an Knaben
geboren wird (106,3 Knaben auf 100 Mädchen) und dass
das Verhältniss sich erst im Lauf der ersten Lebensjahrzehnte
zu Ungunsten des männlichen Geschlechts ändert, so dass
im dritten Lebensjahrzehnt auf 100 männliche Individuen
bereits 102,7 weibliche kommen. Der Ueberschuss an weiblichen
Individuen steigt dann so, dass im AHer von 70 Jahren
sich ein Verhältniss von 122,8:100 ergiebt. Döderlein schliesst
seine Betrachtung mit den Worten: „Eines dürfte aus den
Ergebnissen der Forschungen über dieses Gebiet fruchtbar
hervortreten, nämlich dass wir den physiologischen Knaben-
überschuss durch hygienische Massregeln mehr als bisher
zu erhalten bestrebt sein müssen. Die Natur in ihrem weisen
Walten zu unterstützen, was wir ja damit thun, führt
zweifellos zu gesünderen Zuständen als etwa die gewaltsame
Umkehr des Natürlichen anstreben zu wollen. Wir müssen
wünschen, dass das hier in Frage stehende Geheimniss gehütet
, nicht aber zerstört wird."
e) Die Vorstellungen des Südamerikaners
Mr. Papus im Berliner Passage-Panoptikum, über welche wir
bereits im Juni-Heft S. 384 ff. voraus berichteten, sind (nach
einer Mittheilung im August-Heft der „Uebersinnlichen Welt"
S. 316) polizeilich verboten worden! Da, im Gegensatz
zu den sogenannten Hungerkünstlern und den Artisten, wie
sie jeder grössere Cirkus vorführt, bei den für das Studium
der Autosuggestion wissenschaftlich hochinteressanten Experimenten
des „geheimnissvollen Mr. P.u jede Gefahr für
sein Leben nach den getroffenen Vorbereitungen vollkommen
ausgeschlossen und — nach den glänzenden Zeugnissen, die
ihm in den letzten sieben Jahren von Aerzten und sonstigen
wissenschaftlichen Kapazitäten in allen Hauptstädten Europas
und Amerikas ausgestellt wurden — von betrügerischer
Täuschung eines leichtgläubigen Publikums ebensowenig, wie
etwa von Gefahrdung der öffentlichen Ruhe oder der Sittlichkeit
die Rede sein kann, so lässt sich ein vernünftiger
Grund, bez*r. eine gesetzliche Berechtigung dieses Verbots
nicht wohl einsehen. — Es scheint eben, dass in Folge des
leidigen /tofAe-Skandals in der Reichshauptstadt nun gegen
Alles, was mit Spiritismus, Okkultismus, Magnetismus u, s. w.
in irgend welcher, wenn auch loser Verbindung steht, mit
brutaler Polizeigewalt vorgegangen werden soll. Damit hängt
wohl auch zusammen, dass unser geehrter Mitarbeiter, Herr
Willy Reichel (Professeur honoraire k la facultö des sciences
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