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590 Psychische Studien. XXIX. Jahrg. 10. Heft. (Oktober 1902.)
im JExile treu geblieben, widmet denn auch Byron seinen
^Kain", und bei der Trauerbotschaft aus Missolunghi schreibt
Scott einen herrlichen Nekrolog auf Byron's Tod.
Scott hat auch als Gelehrter Anerkennenswerthes geleistet
in kulturgeschichtlicher und biographischer Hinsicht. Den
Okkultisten werden wohl am meisten seine ursprünglich für
Murray\ „Farnilienbibliothek" geschriebenen „Briefe über
Dämonologie und Hexerei*) interessiren. Scotfs
Hauptquellen sind dafür: Saxo Grammaticus: „Historiae
Danicae; /. Glanvil: „Sadducismus triumphans"**); Naudens:
„Apologie pour les grands hommes? accus6s de magie" ***);
Barth, de Spina, de Lancre, Baxter, Cotton Mather, vor allem
aber Reginald Scott9s (in B. schon erwähntes, zuerst 1584
erschienenes) Werk: „Discovery of withcraft", mit dem sich
dieser unerschrockene Denker, der als Privatmann zu Smeeth
lebte, seiner Zeit mit einer Kühnheit sondergleichen gegen
die Grausamkeit und Unsinnigkeit der Hexenverfolgung
gewandt hatte.
Scotfs Schrift besteht aus zehn Briefen. Im 1. führt
Scott mit Recht den universellen Glauben der Menschheit
an geistige Wesen auf das Bewusstsein der Up Sterblichkeit,
das jedem Menschen inne wohnt, zurück und, obwohl er
selbst fest an diese Unsterblichkeit glaubt, bestreitet er doch
deshalb (?) die Möglichkeit des Erscheinens eines Geistes,
weil dieser, als abstrakter Geist, körperlos, formlos, ohne
Materie wäre. Auf Seite 24 berichtet er jenen merkwürdigen
Fall von Massenansteckung durch eine Vision, welchen
Schindler („Magisches Geistesleben" I, 39, Pussnote) aus Scott
citirt. Obwohl er den Verkehr mit der „übernatürlichen"
Welt auf Sinnestäuschung, überreizte Nerven, Traumzustände,
Bauchrednerei u. s. f. zurückführen will, sagt er doch (S. 71):
„Die abstrakte Möglichkeit von Geistererscheinungen muss
von Jedem eingeräumt werden, der an eine Gottheit und
an deren alles lenkende höchste Macht glaubt" Eine etwas
*) XI. Theil von W. Scott's Werken; Uebersetzung G. JSf. Bärmann
(1888).
**) Joseph Glanvü's (eines Geistlichen der anglikanischen Kirche)
Hauptwerk erschien erst, von seinen Freunden herausgegeben, 1681,
also ein Jahr nach des Verfassers Tode, unter obigem Titel und
richtete sich ursprünglich gegen den den Hexenglanben Dekämpfenden
Arzt Webster, für die Möglichkeit und Wirklichkeit der Hexerei
eintretend.
***) Naude's Werk, das 1669 in Paris erschien, heisst mit seinem
eigentlichen Titel: „Apologie pour tons les? grands perRonnages qni ont
4t€ faussement soupconne* de magie" und enthält eine Vertheidigung
der der Zauberei verdächtigen Männer der Vergangenheit, unter Anerkennung
Ton Magie und Zauberei.
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