Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
29. Jahrgang.1902
Seite: 632
(PDF, 221 MB)
Bibliographische Information
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632 Psychische Stadien. XXIX. Jahrg. 10. Heft. (Oktober 1902.)

Als Beweis führt Böhme folgenden Traum an: „Ein
bekannter Mann der Wissensehalt musste sieh zwei Zähne
ziehen lassen und athmete zu diesem Zwecke das bekannte
Gas ein. Da er sieh sehr für Probleme dieser Art in-
teressirte, hatte er sich vorgenommen, sich sorgfältig seine
Gefühle während der ganzen Op raticn zu meiken; aber
als er das Gas eingeathmet hatte, kam eine solche Schläfrigkeit
über ihn, dass er bald seine Absicht vergass und in
Schlaf zu sinken schien. Seiner Meinung nach stand er
am andern Morgen auf, ging an sein Tagewerk, führte
seine gewöhnlichen Experimente aus, hielt Vorträge vor
verschiedenen gelehrten Körperschalten u. s. w., jedoch alles
mit einem höheren Schwung und Vergnügen: jeder Vortrag
war ein bemerkenswerther Erfolg, jedes Experiment führte
zu neuen, hervorragenden Entdeckungen. Dies ging so
Tag für Tag, Woche für Woche, eine ganz beträchtliche
Ze,t hindurch, ungewiss wie lange, bi3 er eines Tages,
gerade als er eine Vorlesung in der „Royal Society" hielt,
durch eine Bemerkung unangenehm gestört wurde: „Jetzt
ist alles vorbei4*, und als er sich umsah, was dies bedeute,
rief eine andere Stimme: „Sie sind beide heraus!" Da
erst wurde ihm klar, dass er noch immer im Stuhl des
Zahnarztes sass und diese Periode intensiven Lebens gerade
in 40 Sekunden durcheilt hatte."

Zugegeben muss entschieden werden, dass aus Böhme*&
Beispiel die Möglichkeit einer verschiedenen Zeitvorstellung
erhellt. Aber folgern zu wollen, dass man sich in einer
andern Bewusstseinssphäre bewegen müsse, wenn in bestimmten
Momenten die augenblickliche Zeitvorstellung abweicht
von der gewöhnlichen, ist sehr kühn und zeugt
wenigstens von Oberflächlichkeit im Nachdenken. Hätte
Böhme seine Hypothese an Erfahrungstatsachen geprüft,
so hätte er wohl schwerlich seine Meinung beibehalten.

Man denke sich in die Lage eines jungen Eheweibes.
Sie wartet auf ihres Mannes Wiederkommen. Sie weiss
ihn draussen auf hoher See in Gefahr. Ihr werden die
Minuten zu Stunden, wie man sagt, das heisst ihr erscheint
die kurze Zeit furchtbar lange. Der Zeiger an der Wand
rückt ebenso schnell wie früher vor, nur die Vorstellung
des Weibes von dem bestimmten Zeitraum ist eine andere
als gewöhnlich. Schwebt die Seele dieses Weibes während
der Momente in einer andern Bewusstseinssphäre V Schwerlich.

Oder nehmen wir einen Dichter. Er überlegt den
Gedankengang zu einem Romany dessen Inhalt vielleicht
einen Zeitraum von Wochen umfasst Der Schriftsteller
stellt sich aufs genaueste jede Handlung vor (die im Leben


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