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634 Psychische Studien. XXIX. Jahrg. 10. Heft. (Oktober 1902.)
als Kind in der Schule und muss Exempel rechnen) keinen
Zusammenhang schaffen. Und dann ist noch eines zu bedenken
. Es kommt oft vor, dass man in einer Nacht kurz
hintereinander zwei grundverschiedene Träume hat. Mir
erging es nicht selten so. Beispiel: Ich träumte, ich ginge
in einer belebten Strasse. Da bemerkte ich zu meinem
Entsetzen, wie allmählich meine Beinkleider abfielen und
ich in dieser höchst unangenehmen Lago durch die dichte
Menschenmenge hindurch musste. — Bierauf ein kurzes
Erwachen. — Nun setzte ein neuer Traum ein. Mir war
es, als könnte ich fliegen. Am Steigerhaus meines Heimathortes
veranstaltete ich täglich Uebungen. Einmal war es
aus mit meiner Kunst, ich stürzte und — noch ehe ich
unten angekommen war, erwachte ich, um zum dritten
Male einzuschlafen. Hier eine Verbindung ausfindig zu
machen, muss der lebhaften Phantasie eines Theosophen
überlassen bleiben.
II. Wie ist es möglich, wenn die Traumwelt eine
andere Bewusstseinssphäre ist, dass die Träume beeinflusst
werden? Beispiel: Es fällt im Schlafzimmer ein Gegenstand.
Das verursacht ein starkes, vielleicht knalläbnhches Geräusch
. Sogleich wird dem Traum eine bestimmte Richtung
gegeben, sodass dieses Geräusch seine Deutung findet, ob
richtig oder nicht, kommt ja nicht in Betracht. Vielleicht
glaubt der Träumende einen Kanonenschuss zu vernehmen.
Böhme wird hier natürlich erwidern: Da siehst du ja, dass
ich Recht hatte. Der Schlafende hat eine andere Deutung
des Sinneseindruckes. — Wie aber dann, wenn überhaupt
kein Sinneseindruck den Traum verursachte? Wie kann
man überhaupt von einer Anschauung reden, wo keine
solche vorhanden ist?
III. Eine von Anfängern im praktischen Studium des
Spiritismus gern versuchte Spielerei ist folgende: Man
beeinflusst seinen Traum insofern, als man durch Mitwirkung
gewisser Chemikalien ein bestimmtes Erlebniss,
vielleicht ein freudiges Ereigniss, in einen Traum Übertrag*.
Wie ist die Möglichkeit dieser Hineintragung von Erlebnissen
auf dieser Welt in eine andere Bewusstseinssphäre
(nach Böhme) möglich? Noch dazu tritt das Erlebniss fast
ohne Abänderung im Traume auf. Böhme müsste, wenn
er trotzdem seine Behauptung aufrecht erhalten wollte, die
phantastische Antwort geben, dass gerade bei Anwendung
des chemischen Mittels, in gerade dieser Nacht, das
Ereigniss in die Reihe der Erlebnisse der zweiten ße-
wusstseinsform hineinpasse und gerade an dieser Stelle
nöthig sei.
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