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650 Psychische 8tudien. XXIX. Jahrg. 11. Heft. (November 1902.)
fremdartigem Arom"*) sieh vereinigt. Auch den Okkultisten
interessirt Manches darunter. Erst neuerdings ist in J. C. C. Bruns
Verlag eine von Hedda und Arthur Moeller-Bruck besorgte
Uebersetzung und Neuausgabe von Poe's Werken erschienen.
Der VI. Band enthält seine sogenannten „spiritistischen
Novellen.** Von Spiritismus ist allerdings nichts darin enthalten
, aber von Mesmerismus: z. B. die Magnetisirung
eines Sterbenden, der hellsehend, zwischen Tod und Leben,
Aufschlüsse über das Jenseits giebt. „Der Fall Valdemar"
behandelt, in furchtbarer Deutlichkeit, die Hypothese, dass,
wieder durch Magnetisirung, nach dem Tode eines Menschen
im Leichnam ein gewisses Bewusstsein zurückbleibt, das
(in diesem Falle) sogar in artikulirten Lauten sieben Monate
hindurch spricht. „In den Bergen" liegt der Gedanke zu
Grunde, dass eine Person in einer anderen wieder aufleben
kann: also der Gedanke der Wiederverkörperung,
in welche hier traumhaft-unheimlich die Erlebnisse des
vergangenen Lebens hineinspielen. Poe muss sowohl den
Magnetismus mit seinem innigen Rapport, als das Hellsehen
, Wahrträume u. s. f. genau gekannt haben.
Byron beginnt den 1. Gesang seines nDon Juan" mit
den Worten: vBob Southey, Du gekrönter Lorbeerdiehter"
und wandte sich nachher in seiner furchtbaren Satire „Vision
des Gerichts", wie vorher schon in „Englische Dichter und
schottische Rezensententt, hart anklagend und spottend gegen
diesen. Es wäre aber ebenso falsch danach einen Southey
zu beurtheilen, wie es falsch wäre, einen Hegel nach dem
harten Ortheile, welches Schopenhauer über ihn fällt, oder
einen Bastiat-Schulze nach seiner Verhöhnung durch Ferdinand
Lassalle einschätzen zu wollen. Robert Southey, ein ausserordentlich
produktiver Dichter, der ebenfalls in geistiger
Umnachtung starb (1843; geb. 1774) war zwar in seiner
Jugend antireligiös und politisch radikal gewesen, später
dagegen Tory und -poeta laureatus" geworden; aber für
diesen Wechsel der Gesinnung liegen, wie nach den Untersuchungen
Herrwig's jetzt feststeht, durchaus nicht die
niedrigen Beweggründe vor, welche ihm Byron in seiner Leidenschaftlichkeit
unterschiebt.**) Ausser einem jakobinischen
*) Marl Bkiblreu: „Geschichte der englischen Litteratur" II, 420.
**) Aber Southey war Denunziant und Speichellecker, und das
ist ein Schandmal, das auf seinem Namen brennt! Anfangs 1821
veröffentlichte er in „Die Vision des Gerichtes* eine heuchlerische
Apotheose des nichts weniger als ruhmwürdigen, am Beschlüsse seines
Lebens schwachsinnigen (und blinden) Königs Georg III In diesem
griff er den edlen Byron heftig an, verwarf dessen Dichtung als unmoralisch
und gemeingefährlich, ja bezeichnete die ganze Sichtung,
welche Byron, Shelley (und Keats, der „englische Novalis*) vertraten,
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