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696 Psychische Studien. XXIX. Jahrg. 11. Heft. (November 1902.)
HL Abtheihmg.
Tagesneuigkeiten, Notizen u. dergl.
Ein neues Medium in Italien.
Berichtet vom Red. Dr. F. Maier.
Das italienische Medium Politi, von welchem bei der
italienischen Pressfehde über Spiritismus in letzter Zeit
vielfach die Rede war, ist nach einer von J. Stannard gezeichneten
Korrespondenz des „Light" vom 9. August er.
ein sehr kräftiger 85 jähriger Uhrmacher. Die in seiner
Gegenwart beobachteten Phänomene sind hauptsächlich
phosphoreszirende Lichterscheinungen, Transport verschiedener
Gegenstände und vollständige Levitation des Mediums.
Der „ Führeru desselben, von welchem man bisweilen die ein
Licht haltenden Hände, sowie den Schattenriss des Brustbilds
darüber sieht, nennt sich ^Giulio*. Oberst von Rochas
veranstaltete mit diesem durch den Italiener Alberiis nach
Paris gebrachten Medium mehrere erfolgreiche Sitzungen,
deren jede mit 100 fr. bezahlt wurde, und an welchen Herr
von Fontenay (Verfasser eines bekannten Buchs über Eusapia
Palladino), Dr. Dariex, Mineningenieur Bade, Oivilingenieur
Lemerle und Marineingenieur Talon theilnahmen. Das Medium
hatte sich vor jeder Sitzung vollständig entkleiden und
hierauf die ihm vom Körnitz verschafften Kleidungsstücke
anlegen müssen. — Dieses Medium ist offenbar dasselbe,
durch welches der bekannte italienische Publizist L. A. Vassallo
zum Spiritismus bekehrt wurde. In seinem unlängst erschienenen
Buch „Nel mondo degli invisibilia erzählt er
unter anderem von einer Sitzung im Salon des Fürsten
Ruspoli zu Rom, woran sich auch der General Ballatore, der
Commendatore B. und ihre Damen betheiligten. Das Medium
war in „vollem Trance", als auf einmal über ihm zwei Lichtflecke
erschienen, die sich zu einem hell beleuchteten Kopf
mit einem weissen Tuch über den Haaren und zu zwei
darüber sichtbaren Händen mit leuchtenden Fingern verdichteten
. Das Gesicht war deutlich zu sehen, nur die Augen
blieben in den Augenhöhlen verborgen; es war das Profil
eines etwa 35 jährigen, mageren Mannes mit blondem Schnurr-
bärtchen und scharf vorspringenden Backenknochen. Der
„Geist" gab seinen Namen „Giulio del Grande" an und
forderte die Anwesenden auf, am anderen Morgen auf dem
Friedhof, „da wo eben die Gräber umgegraben werden," sein
fast schon ganz zerstörtes Grab zu suchen. Nach längerem
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