Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
29. Jahrgang.1902
Seite: 703
(PDF, 221 MB)
Bibliographische Information
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Parapsychologie und Grenzgebiete der Psychologie

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Kurse Notizen.

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/) C. K. „Seelenblindheit." Ueber die „Seelenblindheit
" veröffentlicht Professor W. Mann im October-Heft der
„Deutschen Revue" eine sehr interessante Studie« Es handelt
sich um eine Krankheitserscheinung, die erst in den letzten
Jahren mehrfach beobachtet worden ist und deren Art der
Verfasser besonders an zwei charakteristischen Fällen schildert.
In dem einen Falle war der Patient ein Wiener Kaufmann,
der vier lebende Sprachen vollkommen beherrschte und auch
für Zahlen ein ausgezeichnetes Gedächtniss besass. Als
dieser nun in finanzielle Schwierigkeiten gerieth, die ihn in
eine grosse körperliche und geistige Aufregung versetzten,
ging eine merkwürdige Verwandlung in ihm vor, die ihn
auf Schritt und Tritt befremdete und erschreckte. Er sah
wohl alle Gegenstände, auf die sein Blick fiel, aber er erkannte
sie nicht; er bemerkte nicht, dass er sie schon so
oft gesehen hatte, sondern es schien ihm, als sähe er
sie zum ersten Male. Häuser, Strassen, Monumente seines
Wohnortes, den er wiederholt auf kurze Zeit verlassen
hatte, erschienen ihm bei seiner Rückkehr ganz unbekannt,
und er fand sich nur allmählich und nach langem Besinnen
wieder in ihnen zurecht. Auch die Gesichter seiner Familie
waren ihm fremd, ja sogar sein eigenes Spiegelbild erkannte
er nicht, und bat es, ihm Platz zu machen. Trotz dieses
merkwürdigen Zustandes, der von der Wissenschaft Seelenblindheit
genannt wird, konnte der Herr seine Geschäfte
wieder aufnehmen und, wenn auch Anfangs sehr beschwerlich
und mühsam, fortführen. — Ein anderes Beispiel wurde an
einer älteren, sehr intelligenten Dame in Hamburg beobachtet.
Sie hatte sich stets eines guten Sehvermögens erfreut, war
ebenfalls sehr sprachkundig und gewöhnt, sich mit ihren
Phantasien zu beschäftigen. Nach einem kurzen, mit Be-
wusstlosigkeit verbundenen Unwohlsein fühlte sie sich in
dieser Beziehung total verändert. Von ihrer Umgebung
wurde sie für blind gehalten, aber sie konnte sich selbst
genau überzeugen, dass sie zwar alle ihr Bett umgebenden
Gegenstände sah, aber sie nicht erkannte: — sie verwechselte
einen Hund mit ihrem Arzt, ihr Dienstmädchen sogar mit
einem gedeckten Tisch. Sie verstand Alles, was man mit
ihr sprach, und sie konnte an jedem Gespräch in vernünftiger
Weise theilnehmen, aber sie war „wie im Traum". Ihre
Sehkraft hatte insofern gelitten, als ihr Gesichtsfeld Anfangs
auf der linken Seite ganz verloren gegangen war, und blieb,
während eine Einschränkung auf der rechten nach einiger
Zeit wieder verging. Sie konnte daher nur die Gegenstände
sehen, die gerade vor ihr oder ihr zur Rechten lagen. Es
beunruhigte sie sehr, dass sie wohlbekannte Dinge, Personen»


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