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Dankmar: Geistige and soziale Strömungen etc. 69
den Vereinigten Staaten begleitet, deren Kongressmitglied
und Gesandter er später wurde.
Unter dem Ministerium Peel war 1829 die Emanzipationsbill
der Katholiken durchgegangen, der 1831 eine
zeitgemässe Parlamentsreform folgte. Die Anfänge einer
zielbewussten Arbeiterschutzbewegung beginnen und im
Geiste Orven's wird die „Grand National Consolidated Union"
gegründet. Die Gewerkvereine (Trade unions) beginnen einen
Aufschwung zu nehmen („Pioniere von Rochdale"), und dem
elden Menschenfreunde Wilberforce verdankt es hauptsächlich
die Welt, dass am 28. August 1833 die Emanzipationsbill
der Sklaven erschien. Irland aber blieb, trotz seines
genialen Agitators O'Connel, in seiner unglücklichen Lage,
ausgesaugt, unterdrückt, von Missernten und Hungersnoth
heimgesucht: für damals und für alle Zeiten Englands
Schandfleck. —
Am 20. Januar 1837 stirbt Wilhelm IV. und seine
Nichte Viktoria (Tochter des Herzogs von Kent, vierten
Sohnes Georg III.) besteigt den Thron Grossbritanniens. Mit
ihr beginnt das sogenannte ,.viktorianische Zeitalter'4, in dem
England zu ungeahnter Machthöhe stieg. Durch eine zeitgemässe
Parlamentsreform und Aufhebung der brod-
vertheuernden Kornzölle unter dem Ministerium Peel, sachte
man dem Chartismus, der ersten grossen proletarischen
Arbeiterbewegung „en masse" der Neuzeit, entgegenzuwirken.
Die Chartistenbewegung unter höret und Feargus O'Connor
stellte wirtschaftliche und politische Reformen in ihrer
Charte auf, von denen viele im Laufe der Zeit erfüllt worden
sind. Einer ihrer Führer, Pfarrer Stephans, charakterisirte
die Bewegung mit dem bekannten Satz: „Die Frage, die
uns hier beschäftigt, ist nichts anderes als eine Messerund
Gabelfrage."
Von einem idealeren Standpunkte fasste die soziale
Frage Thomas Garlyle auf, der ab 1843 das Gewissen der
Nation mächtig autrüttelte und den „christlichen Sozialismus"
eröffnete. Der edle Schotte, der an deutschem Geiste, hauptsächlich
dem Goethe's und Jean Paul% sich gebildet, verband
diesen Geist mit sozialistischen Ideen, indem er einen Kultus
der Arbeit predigte und die That vergötterte. Als wahrer
Apostel der Unterdrückten trat er mit dem ganzen hinreissenden
Feuer seines sittlichen Pathos, in seiner originellen,
oft barocken Sprache, für die sittliche Berechtigung gewisser
sozialistischer Forderungen ein, obwohl er ein Gegner jeglicher
Demokratie war.
Ausserordentlich bedeutend und lesenswerth ist Garlylfs
(1837 erschienene) „Geschichte der französischen Revolu-
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