Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
30. Jahrgang.1903
Seite: 93
(PDF, 181 MB)
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Parapsychologie und Grenzgebiete der Psychologie

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Ilellpach: Hysterie und Nervosität.

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möglich mache. Denn jede Frage , die wir an einen Hyp-
notisirten richten, ist eine neue Suggestion, und Kraepelin
ist im Recht, wenn er gegenüber der Breuer-Freud'sehen
Theorie meint, zweifellos lasse sich auf diesem Wege noch
ganz Anderes herausbringen.

Offenbar besteht die Anknüpfung der Hysterie an das
Geschlechtsleben einzig in der ungeheueren Wichtigkeit,
die dasselbe beim Weibe für sich beanspruchen darf. Das
Weib wird durchaus von geschlechtlichen Trieben beherrscht;
sie durchdringen sein Seelenleben bis in die feinsten Ausläufer
hinein. Wir sehen bei a 11 e n Geisteskrankheiten des
Weibes geschlechtliche Reden, Affekte und Handlungen in
den Vordergrund treten, Erregungen und Depressionen an
sie anknüpfen. Alle geschlechtlichen Vorgänge — Pubertät,
Menstruation, Begattung, Mutterschaft, Stillgeschäft, Unterleibsleiden
, Rückbildung — greifen ins psychische Leben
des Weibes unvergleichlich viel tiefer ein, als alle sexuellen
Erlebnisse einen Mann jemals erschüttern; und das geistig
gesunde Weib besitzt ja in der Keuschheit eine auf geschlechtlicher
Grundlage ruhende Gemüthsriehtung, die
dem männlichen Charakter überhaupt fehlt. Es ist also
nicht zu verwundern, wenn die vom Geschlechtsleben ausgehenden
Reize beim Weibe von ungleich grösserer suggestiver
Kraft sind als beim Manne.

Denn die Suggestibilität ist das Wesen
der Hysterie. Dieser Charcof&che Satz hat heute noch
seine Geltung. Im Kindesalter ist auch das männliche
Geschlecht suggestibler, hier betheiligt es sich an der
hysterischen Erkrankung im gleichen Prozentsatz; ja wir
werden noch sehen (Abschnitt V), dass die kindliche Suggestibilität
, verbunden mit der auch beim Kinde vorhandenen
Disproportionalität zwischen der Stärke eines Affekts und
der Stärke seiner Aeusserung, leicht fälschlich als Hysterie
gedeutet werden kann. Das Weib bleibt dann stark sug-
gestibel sein Leben lang; immer wieder wird sein Wollen
dirigirt durch einzelne Erlebnisse, während der Mann
mehr feste, abgeschlossene Willensrichtungen in sich entwickelt
. „In jener Beeinflussbarkeit des Willens durch
einzelne Vorstellungen, die weder mit der intellektuellen,
noch mit der Charaktereigenart des Betroffenen derart
übereinstimmen, dass ihre starke Wirkung dadurch erklärbar
wird — mit anderen Worten, denen weder eine besondere
logische, noch eine besondere affektive Kraft innewohnt
— ist ja das Wesen der Suggestibilität gegeben. Diese
psychische Anlage erhält sich beim Weibe über die Pubertät
hinweg, nur dass von allen Eindrücken nunmehr die ge-


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