Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
30. Jahrgang.1903
Seite: 94
(PDF, 181 MB)
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94 Psychische Studien. XXX. Jahrg. 2. Heft. {Februar 1903.)

schlechtlichen am stärksten suggestiv werden. Beim Knaben
hingegen beginnt mit der Geschlechtsreife die Ausbildung
der Willenseigenart, die die Erlebnisse verarbeitet, nicht
aber sich ihnen hingiebt. Die höhere Zahl der erwachsenen
Weiber, die hysterisch sind, erklärt sich zum grössten Theile
wohl schon daher, dasb nach den eben gegebenen Ausführungen
mehr Mädchen hysterisch bleiben, während eine
erhebliche Anzahl von Knaben die hysterische Anlage überwindet
. Halten wir aber die Suggestibilität als das Wesen
der Hysterie fest, so brauchen wir keinerlei noch so geistreiche
Gleichnisse, wie die Pariser Neuropathologen sie, oft
nicht gerade zur Förderung des Verständnisses, ersonnen
haben. Denn wir fassen ja nicht bloss die motorischen
Erscheinungen als den Ausdruck der Willensvorgänge auf.
Indem wir die sensorischen der Apperzeption unterwerfen,
diese jedoch als eine innere Willenshandlung ohne motorische
Reaktionen erklären, ist es für uns verständlich, dass die
einseitige Beherrschung des Wollens durch suggestive Erlebnisse
imstande ist, ganze Gebiete zentripetaler Reize aus
dem Blickpunkte unseres Bewusstseins auszuschalten, ohne
diese Reize zur Wirkungslosigkeit innerhalb der Psyche zu
verdammen. Nach wie vor vermögen sie vielmehr koordi-
nirte Bewegungen auszulösen, Erinnerungen zu wecken; ja
der Nachweis Charcofs, dass sie es mit grösserer Geschwindigkeit
thun als sonst, stimmt sehr gut zu unseren Darlegungen,
da yot der mit Hemmungen besetzte Umweg über die Apperzeption
diesen Reizen erspare bleibt. Demnach erblicken
wir am richtigsten in der Hysterie eine Suggesti-
bilitätskrankheit. Sahen wir doch auch für die katatonische
Erkrankung beim Weibe die Momente der Pubertät
und des Wochenbetts besondere Bedeutung gewinnen, die
Menstruation mit den Schwankungen des Zustandes in
besonders enger Verbindung stehen. Die Katatonie entwickelt
sich aus der Gesundheit heraus* und die Suggesti-
bihtät, die ihr klassisches Bild kennzeichnet, geht allmählich
in einen abschliessenden Zustand gemüthlicher Verblödung
über. Dagegen stellt die Hysterie eine angeborene sug-
gestible Anlage dar, die das ganze Leben hindurch, unter
Schwankungen freilich, fortdauert, und wohl nur vor dem
Eintritt der für das Ausreifen der Persönlichkeit entscheidenden
Pubertät beseitigt werden kann.

Danach ist also von einer eigentlichen Heilung der
Hysterie nur bei Kindern die Rede, und auch hier nur
insofern, als man danach zu trachten hat, die hysterischen
Erscheinungen möglichst zurückzudämmen; damit sie keine
Rolle zu spielen anfangen und mit der Ausreifung der


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