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96 Psychische Stadien« XXX. Jahrg. 2. Heft. (Februar 1908.)
IL Abtheilung.
Theoretisches und Kritisches.
Weiteres Ober „Goethe und der Okkultismus11.
Von Hofrath Max Meiling (Pasing b. München).
(Schluss von Seite 29.)
Nach diesem polemischen Theil meines Aufsatzes bin
ich in der Lage, einen zweiten Nachtrag zu meinem eigentlichen
Thema zu bringen.
Im Anschluss an den eben besprochenen Brief Goethe'*
an Lavater, in welchem auf bemerkenswerthe Weise auch
von einem „Swedenborg?'sehen Geisteruniversum" die Rede
ist, seien zunächst aus der für die „Frankfurter gelehrten
Anzeigen" gelieferten Besprechung von Lavater^ Werk „Aussichten
in die Ewigkeit4' die Schlussworte wiedergegeben,
da aus ihnen unzweifelhaft hervorgeht, dass Swedenborg von
Goethe durchaus und in jeder Beziehung ernst genommen
wurde. Man höre:
„Nun erhebe sich seine (Lavater^s) Seele and schaue
auf diesen Gedankenvorrath wie auf irdische Güter, fühle
tiefer das Geisterall und nur in andern sein Ich. Dazu
wünschen wir ihm einige Gemeinschaft mit dem gewürdigten
Seher unserer Zeiten, rings um den die Freude des
Himmels war, zu dem Geister durch alle Sinne und Glieder
sprachen, in dessen Busen die Engel wohnten; dessen Herr-
lickeit umleuchte ihn, wenn's möglich ist, durchglühe ihn,
dass er einmal Seligkeit fühle und ahne, was sei das Lallen
der Propheten, wenn a$QT]za Qfi(iara den Geist füllen!"
Und dass Goethe diese in jungen Jahren (1772) geäusserte
Ansicht über Seherschaft später nicht geändert
hat, beweist am schlagendsten seine Makarie („Wanderjahre
", III. Buch, 15. Kap.). Dass diese aber nicht etwa
als Märchengestalt anzusehen ist, dafür spricht nicht nur
der früher bereits angeführte Schlusssatz des 14. Kap.,
sondern wohl auch — worauf die „Spiritistische Rundschau
" kürzlich aufmerksam gemacht hat — eine gerade
in dieses die eigentliche Geschichte der Makarie vorbereitende
Kapitel eingestreute Betrachtung über das wissenschaftliche
Studium, die namentlich um ihres prophetischen Charakters
willen wiedergegeben sei. Sie lautet:
„Bei dem Studiren der Wissenschaften, besonders deren,
welche die Natur behandeln, ist die Untersuchung so nöthig
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