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108 Psychische Studien. XXX. Jahrg. 2. Heft. (Februar 1903.)
zielt haben, die Willenskraft dieser Mächte recht gut kennen
und recht wohl wissen, dass sie darauf gerichtet ist, ihre
Energie in die Kanäle des Bösen zu leiten. Es fehlt eben
diesen Menschen, die dabei gleichzeitig Buddhisten sind,
das eigentliche Verständniss für den Sinn der Lehren ihres
grossen Meisters. Besässen sie dieses, so wüssten sie auch,
dass sie die Kräfte ihres Willens in die Kanäle des Guten
leiten und die bösen Geister oder Dämonen von sich fernhalten
sollten. Ein Ueberbleibsel dieser Vorschrift, die
Dämonen von sich fern zu halten, hat sich in der Sitte
erhalten, das sogenannte Perit (oder Pirit), d. h. die Seligkeiten
des Buddha zu recitireii. Jedes Wort in diesem
Perit ist mit einem Gedanken der Reinheit verknüpft, so
dass der, welcher es mit vollem Verständniss ausspricht,
eine reine Gedankenform hervorruft und den Mächten des
Bösen den Zutritt verschliesst So besteht seit unvordenklicher
Zeit unter den Singhalesen die Sitte, jedes neugebaute
Haus mit den guten und reinen Gedankenformen der Perit-
Worte gewissermassen anzufüllen oder zu durchräuchern,
wenn der Ausdruck gestattet ist. Die Absingung solcher
Perit-Worte muss natürlich von buddhistischen Mönchen
oder aber von Laien vorgenommen werden, die solcher
Gedanken würdig sind."
Mit diesen Worten schliesst der erwähnte Vortrag über
die Dämonologie Ceylons. Wir sind mit diesem Citat nicht
bloss der schwülen Atmosphäre der schwarzen Magie glücklich
entronnen, in der wir uns oben nolens volens vorübergehend
aufhalten mussten, sondern wir haben damit auch
— wie ich wenigstens glaube — ein wirkliches Verständniss
gewonnen für den Modus operandi bei jenem Exorcismus auf
Ceylon, den wir im Novemberheft 1902 kennen gelernt haben.
Ich schliesse damit diese nachträglichen Erläuterungen
zu den früher berichteten Fällen von Ceyloneser Magie.*)
Dass diese spärlichen Aufschlüsse das Kausalitätsbedürfniss
des Lesers nicht voll befriedigen können, dessen bin ich
mir wohl bewusst. Vieles bleibt ja unaufgeklärt. Immerhin
, mögen diese gebeimnissvollen Ceremonien der schwarzen
Magie einen Sinn haben, welchen sie wollen, — viel erspriess-
licher und viel rathsamer ist jedenfalls das Studium der
weissen Magie, und dieses recht gründlich zu betreiben,
kann ich dem Leser nur auf das Allerangelegentlichste
empfehlen. Die Litteratur darüber ist ja überreich.
*) Ich würde es übrigens mit Freuden begrüssen, wenn auch
andere Mitarbeiter der „Fsych. Stud." hierzu das Wort ergreifen
würden. Friedlicher Austausch verschiedener Ansichten ist immer
förderlich für Alle. [Ganz einverstanden! — Red.|
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