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112 Psychische Studien. XXX. Jahr£. 2. Heft. (Februar 1903.)
man sich freundschaftlich und brüderlich hingezogen fühlt.
— Du hast ein kleines Einkommen, mit dem du da, wo du
lebst, gerade auskommen kannst. Würde dein Einkommen
geringer werden, so müsstest du den Platz verlassen. Die
grosse Frage ist nun die, wie sich mit dem Einkommen
Wohnungsbequemlichkeit, frische Luft und Sonnenlicht vereinigen
lässt.
Spirituell betrachtet scheint schon jetzt viel geistiges
Licht über der Welt. Das Oberlicht har, sich seit nun
mehr als 50 Jahren (in der von Amerika ausgehenden
spiritistischen Bewegung) gezeigt und die Finsterniss des
Todes mehr und mehr verdrängt. Das Sterben wird nicht
mehr gefürchtet; aber noch Vieles muss beleuchtet werden.
Eure Kirchhöfe sind Herde der Krankheit; Eure mit
Proletariern angefüllten Städte umschliessen dieselben. Wenn
die Schleier vollends von Euern Geistesaugen weggezogen
sein werden, dann werdet Ihr endlich begreifen, dass Eure
Freunde nicht unter der Erde liegen, und dass das, was
Ihr Leichenbegängniss nennet, nach Form und Inhalt geändert
werden muss.
Das 20. Jahrhundert wird auch hierin grosse Aende-
rungen bringen, und Ihr werdet erstaunt sein, dann zu
sehen, dass die Blumen nicht nur für die Eeichen vorhanden
sind, sondern die Blüthen der Hoffnung und der Freude
den Kummer und die Trauer auch der Armen verscheuchen
werden.
Die spirituelle Erleuchtung und der spirituelle Verkehr
hat bereits Grosses gebracht; aber das unter solchen Eindrücken
allmählich heranwachsende Volk wird später auch
die Früchte ernten. Erst kürzlich sah ich ein sterbendes
Mädchen, das singend Loblieder hersagte, alle ihre Lieben
auf Erden zusammenrief, dann in einer Vision alle früher
heimgegangenen Lieben erblickte und bis zu ihrem letzten
Athemzuge die herrlichsten Worte zu denen sprach, die
um ihr Sterbebett standen.
Solche Visionen werden immer häufiger zu Tage treten;
das Trauern über die Gestorbenen wird aufhören und den
Menschen wird eine ganz andere Anschauung vom Leben
vor das Bewusstsein treten. So wird sich unmerkbar eine
immer weitere Kreise erfassende Erleuchtung über die
Menschheit ergiessen, wie sie der Spiritismus seit 50 Jahren
verkündet hat.
Aber das Beste, was Ihr für Eure menschlichen Brüder
und Schwestern thun könnt, ist, deren Leben angenehm zu
machen, deren Wege mit Blumen zu bestreuen, ihnen stets
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