Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
30. Jahrgang.1903
Seite: 156
(PDF, 181 MB)
Bibliographische Information
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156 Psychische Studien. XXX. Jahrg. 3. Heft. (März 1903.)

zu werden, ihren Ausdruck; die Spannung endlich äussert
sich in angstvoller Bangigkeit, in grüblerischer Zweifelsucht
und Ungeduld. Meist aber verflechten sich alle drei Momente
in der mannigfachsten Weise und ergeben jene nervöse
Gesamnitstimmung, die den Kundigen rasch und sicher
das Leiden erkennen lässt. Diese psychische Veränderung
muss nothwendig auf alle zentripetalen Vorgänge
im Nervensystem eine Rückwirkung üben. Wir wissen,
dass dem Gesunden fortwährend eine zahllose Reihe von
Reizen zufliessen, deren er sich nicht bewusst wird, weil sie
keine merkliche Gefühlsbetonung an sich tragen. Die
tausenderlei Berührungs-, Muskel-, Gelenk- und Gemeinempfindungen
, die jeder Augenblick in uns erweckt, die
unserer Orientierung im Räume zugrunde liegen, auf denen
die eingeübten Bewegungen beruhen, kommen uns gar nicht
zum Bewusstsein. Indem nun der Nervöse alle Empfindungen
in einer der oben genannten Gefühlsrichtungen betont, wird
er sich ihrer bewusst, die Empfindungen werden überschwellig
und erscheinen ihm daher überstark: er fühlt in jedem
Momente seinen Körper, und zwar in unlustvoller Weise.
Auf diesem Wege entsteht natürlich die Einbildung, dass
an den empfundenen Theilen etwas nicht in Ordnung sei:
es bildet sich die hypochondrische Befürchtung
aus, Welchem Organe, welchem Körpertheile sie sich besonders
zuwendet, hängt oft von Zufälligkeiten der Gesammt-
stimmung, auch von Bildungseinflüssen ab. Bald ist es die
Schwindsucht, an eine Heiserkeit anknüpfend, bald die
Tabes, von den Tastempfindungen der Beine ausgehend,
bald der Krebs, an das Druckgefühl im Magen nach der
Mahlzeit sich klammernd, die im Vordergrunde der Hypochondrie
stehen. Ich muss danach auch die Meinung v. Strümpell's
unbedingt ablehnen, nach der dieser Zustand von Vorstellungen
seinen Ausgang nehmen, ähnlich dem hysterischen
ein autosuggestiver sein soll. Die Nervosität ist, wie
neuestens auch Binswanger mit erfreulicher Entschiedenheit
hervorgehoben hat, eine primäre Veränderung des
elementaren Gefühlslebens, von der aus alle ihre
weiteren Erscheinungen gedeutet werden können. Der einfache
Gefühlston der Empfindung ist nach der Seite der
Unlust verstärkt. Davon ist bei der Hysterie keine Rede;
bei ihr ist die Beeinflussbarkeit des Willens — der psychomotorischen
oder der Apperzeptionsfähigkeit — durch Vorstellungen
das Wesen der Erkrankung. Nicht der Schmerz
des heissen Siegellacks macht die Hand anästhetisch, sondern
die Vorstellung der dadurch erlittenen Schädigung, wie
Möbius betont. Keine hypochondrische Befürchtung eines


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