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Widar: Der Daseinszweck der Welt
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Glutennebel Gestirne zu ballen und diese fort zu entwickeln,
dass sie die Wiegen von Wesenwelten werden können.
Auch in dem ganzen Werdegange der Wesen sehen
wir ein stetes Fortschreiten vom Einfachsten zum höher
Organisirten, vom Wesen, das mit nur wenigen Organkräften
und geringem Denkvermögen im Laufe der Zeitäonen
sich entwickelt zu einem Wesen, das wir zur Zeit, als
das höchstorganisirte bezeichnen müssen: zum Menschet).
Besonders die Entwickelung der Verstandeskräfte erreicht
in der Thierwelt bei höherer Organisation eine
immer grössere Höhe, sodass es uns nicht verwundern
kann, dass diese Entwickelung des geistigen Inhaltes der
Wesen beim Menschen sogar den Tod überdauert, wie der
Mediumismus mit grösster Gewissheit bewiesen hat.
Wir sehen im Menschen einen geistigen Menschen sich entwickeln
, der im Tode seinen irdischen Leib verlässt, um in
einer geistigen Welt in verklärter Form sein ewiges Werden
fortzusetzen.
Gleichzeitig beweist aber der Mediumismus, dass in
die für gewöhnlich uns sichtbare Welt eine geistige Welt
hinein versenkt ist, eine Welt, deren uns wahrnehmbare
Daseinswirkungen die Naturkräfte zu sein scheinen, eine
Welt der Kräfte, die der Forscher wohl ahnt, deren Wesen
uns aber erst jenseits des Grabes erkennbar sein wird.
Sind wir im Hinblick auf das ewige Werden des
Naturganzen wohl berechtigt zu sagen, dass aus der materiellen
Welt sich überhaupt eine geistige Welt entwickeln
soll? Ich glaube, dass dieser Schluss kein gewagter ist.
Denn überall in der Natur sehen wir bei höherer Organisation
eine Welt der Kräfte erstehen, sodass wir sie nur
als im ewigen Werden erwachsen ansehen können!
Ist denn nun dieses Werden des Weltalls nicht schon
eigentlich eine Antwort auf unsere Frage, ob in der Welt
ein Daseinszweck vorhanden ist?
Zeigt denn der ewige Werdegang nicht mit grösster
Gewissheit darauf hin, dass der Weltenzweck das Erstehen
und Vollkommen werden der einzelnen Geisteswesen ist?
Bedarf es einer besseren Begründung, als des Hinweises
auf das Werden des Weltalls, wenn wir den Satz als
Wahrheit aussprechen: Der Daseinszweck der Welt ist das
Herauswachsen von ewig sich fort entwickelnden Geibtes-
wesen und einer geistigen Welt aus dem Weltenstoff?
Ich halte dafür, dass es kurzsichtig wäre, nach anderen
Beweisen für diesen Satz zu suchen, und meine, dass mit
grösserer Wahrheit wohl kaum ein Gedanke ausgesprochen
werden kann.
Psychische Studien. März 1903. 12
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