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202 Psychische Studien. XXX. Jahrg. 4. Heft. (April 1903.)
Schlusszeile lautet: „Si Dieu n'existait pas, il faudrait Fin-
venter", zu welchem Worte er in einem Briefe an den
Prinzen Heinrich von Preussen noch hinzusetzt: ,,Mais toute
la nature nous crie qu'il existe!" Seinen Idealismus beweist
der Satz (in einem Briefe an Friedrich den Grossen vom
Okt. 1737). „Ich führe immer soviel als möglich meine
Moral auf Metaphysik zurück." Ob die Seele eine besondere
Substanz, oder ob sie der Materie innewohnend (immanent),
ob sie unsterblich sei oder nicht, darüber ist Voltaire schwankender
Meinung; aber er sucht nach Beweisen für die
Immortalität. Man könne deren Möglichkeit nicht leugnen,
meint er. So spricht doch wahrlich kein Materialist! —
(Fortsetzung folgt.)
Podmore's Geschichte und Kritik des
modernen Spiritismus.
Von Dr. H. Wernekke.
Im Januar d. J. waren 26 Jahre vergangen seit der
Gründung der Londoner Gesellschaft für psychische Forschung
(S. P. R., i. e. Society for Psychical Research
). Dazu eingeladen hatte Prof. Wilson Barrett, welcher
eine Vereinigung von Personen befürwortete, die, ohne erklärte
Spiritisten zu sein, eine Untersuchung der physikalischen
Phänomene des Spiritismus und verwandter Dinge,
wie Geistererscheinungen, Gedankenübertragung, Hellsehen
und verschiedene Betätigungen der Mediumschaft" für
zeitgemäss hielten. Der Vorstand, mit Prof. H. Siägwick
an der Spitze, zählte einerseits Männer wie Edm. Gurney,
Prof. Barrett, Prof. Bai f. Stewart, Mr. F. Myers, Mr. Rieh.
Hutton, die keinen thätigen Antheil an der spiritistischen
Bewegung genommen hatten, andererseits Mitglieder wie
Siainton Moses, Dawson Rogers, Morell Theobald, E. T. Bennett,
Dr. George Wylde, die als bisherige Theilnehmer des britischen
Spiritistenvereins selbst mediale Begabung bewiesen oder
sich für die daraus hergeleitete Geisterhypothese erklärt
hatten. Im Laufe der Zeit mögen viele Mitglieder der
Gesellschaft, auf Grund der Erfahrungen und Belehrungen,
die ihnen geboten waren, ihre Ansichten geändert haben,
manche zweifelnde und ungläubige sich in geistergläubige
verwandelt, andere auch die entgegengesetzte Wandlung
durchgemacht haben. Mr. Frank Podmore scheint unter
ihnen von jeher — was selbstverständlich nicht als Tadel
ausgesprochen sein soll — ein sehr kühler Beobachter gewesen
zu sein, und durch das eifrige Studium, das er der
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