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1 Jtteraturberlcht,
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lieber die allgemeinen Beziehungen zwischen Gehirn und Seelenleben.
Von Professor Th. 7Äehen in Utrecht. Zweite Auflage. Leipzig.
Verlag von Johann Ambrosius Barth, 1902. Gross-8. 67 Seiten.
Preis 1,80 Mark.
Nach einer höchst interessanten historischen Einleitung, worin
gezeigt wird, wie sich die Ueberzeugang von dem Zusammenhange
zwischen Gehirn und Seelenleben erst langsam im Laufe der Jahrhunderte
und unter vielen Schwankungen entwickelt hat, kommt
der Verfasser zur Aufstellung folgender Sätze: Gegeben sind uns
nur Empfindungen und aus diesen Empfindungen abgeleitete Vorstellungen
. Das ist die erkenntnisstheoretische Fundamen talthat-
sache, der grosse Satz ßerkeley's. Aus dem .Rahmen des Psychischen
kommen wir gar nicht heraus. Empfindungen, Vorstellungen u. s. w.
sind zwar ihrer Beschaffenheit nach von den einzelnen Bezirken der
Hirnrinde im Sinne der Lokalisationslehre abhängig, haben aber
keineswegs räumlich wirklich ihren Sitz in der Hirnrinde. Der
einzige Ort unserer Empfindungen ist draussen in der Welt. Wer
schliesslich einwenden wollte, im Begriffe der Masse sei doch der
Begriff einer nicht - psychischen Materie gegeben, dem sei gesagt,
dass nach der modernen Physik der Massenbegriff entbehrlich sei
und in letzter Linie sich auf die Aufnahmefähigkeit (Capacität)
eines Raumgebietes für Kraft zurückführen lasse. Pfienhold.
Kanfs Lehre vom Glauben. Fine Preisschrift der Krugstiftung der
Universität Halle-Wittenberg von Emst Sange), Doktor der Philosophie
. Mit einem Geleitwort von Professor Dr. Hans Vailunger.
Leipzig, Verlag der DZ/rrtchen Buchhandlung:. 1903. Gross-8.
170 Seiten. Preis 3 Mark.
„Ich musste das Wissen aufheben, um zum Glauben Platz zu
bekommen/ Was will Kant damit sagen? Das Wissen ist der
Wissenschaftshochmuth der dogmatischen Metaphysik: der Glaube
ist der die Grundlage der Religion bildende reine moralische Vernunftglaube
. Auf theoretischem Wege lassen sich die höchsten
Aufgaben der Vernunft, nämlich die Erweise für das Dasein Gottes
und die Unsterblichkeit der Seele nicht lösen. Hierfür können wir
nur eine praktisch-moralische Gewissheit erlangen. Der reine praktische
oder moralische Vernunftglaube ist also der Glaube, den Kant
in dem obigen Satze meint, nicht jeder beliebige Glaube, etwa der
empirische, der historische oder gar der mystische Glaube. — Zum
Schlüsse wird auf Kanl's Einfluss auf die beiden bedeutendsten
Theologen des 19. Jahrhunderts, auf Schleiermacher und Albrecht
HHscht, hingewiesen. — Dass dieses hochinteressante Werk eine seit
langen Jahren bestehende Lücke in der historisch-wissenschaftlichen
Behandlung des Glaubens ausfüllt, beweist deutlich das Geleitwort
des berühmten Kantforschers. Wienhold.
Kant: Naturgesetze, Natur- und Gotteserkennen. Eine Kritik der reinen
Vernunft. Von Professor Dr. L. Weis. Berlin, C. A. Sc/nvetschtW
und Sohn 1908. Gr.-8. 257 Seiten. Preis brosch. 4 Mark.
Im dritten Theil dieser Schrift w ill der Verfasser zeigen, wie
Kanl mit Hilfe der Erfahrung sowohl in der Natur, als in Eeligion
und Sittlichkeit zu positiven Erkenntnissen gelange; er habe bei erneutem
Studium der Kritik der reinen Vernunft erkannt, dass auch
für Kant das Eeich der Gnaden eine praktisch-nothwendige Voraussetzung
der Vernunft war und dass er dieses Eeich nach Grundsätzen
der Vernunft studirte. Darauf weiterbauend müsse man zugeben
, dass in der Philosophie, soweit es sich um Eeligion und
Sittlichkeit handelt, alles Brauchbare nur den Evangelien entstamme
. Anfängern kann diese Schrift als Einführung in Kant's
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