Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
30. Jahrgang.1903
Seite: 412
(PDF, 181 MB)
Bibliographische Information
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412 Psychische Studien. XXX. Jahrg. 7. Heft. (Juli 1903.)

Äugst. In die äusserste Ecke des Balkons flüchtete ich,
fern ab von den Fröhlichen! Thränen rannen inmitten
aller Freude über meine Wangen, nicht sah ich das bunte
Treiben auf der Strasse, wohl aber sah ich mir mein Liebstes,
mein so lange behütetes, stilles Glück gewaltsam entrissen
werden. Unwillkürlich flüsterte ich: „Gewaltsam wird
er von nur gerissen! Sterben? Nein — heirathen! Nie
wieder kommen wir zusammen, nie wieder!" — Dabei legten
sich meine Hände zum Gebet zusammen und weinend flehte

ich; „Lieber Gott, beschütze meinen guten--!"; denn

ich sah für den geliebten Mann eine grosse Gefahr damit
hereinbrechen. — Die Nothwendigkeit Hess mich meine
Gefühle niederkämpfen und mich der Gesellschaft wieder
zuwenden. Am Neujahrstage erzählte ich dieses Stimmungsbild
meinen Verwandten, schrieb es auch meiner Schwester
und meiner Freundin. —

Im folgenden Sommer traf ich abermals mit ihm zusammen
; er hatte eine Wendung in seinen Verhältnissen
herbeigeführt und strebte nun eine Verbindung mit mir an.
Zu diesem Zwecke bereitete er mich indirekt auf eine diesbezügliche
Aussprache vor und ging dann, eine hiezu nöthige
Angelegenheit zu ordnen, die ihm unerwartet fehlschlug und
uns abermals trennte. Zwar dachte ich dabei an meine
Sylvesterstimmung, doch kam mir die Vision vollständig
hinfällig vor, sah ich doch, wie schwer ihm der Abschied
wurde und wie er hierbei bestrebt war, mir seine Erregung
zu verbergen; noch war er meinl —

Das für mich so bedeutsam begonnene Jahr war aber
noch nicht zu Ende, da nahte die Gewalt, die ihn mir ent-
riss. Er lernte eine Tschechin kennen; ein Jahr darauf
war sie seine Frau. Somit erfüllte sich nicht nur mein
hierauf bezügliches Ahnen vom Sylvester her, sondern die
Thatsache, dass eine Tschechin es war, die mir mein Glück
entriss, erinnerte mich auch an eine Begebenheit, der ich
bis dahin kaum Beachtung geschenkt hatte.

Noch in der ersten Zeit meiner Bekanntschaft mit ihm
traf ich in seinem Wohnorte auf einsamem Feldwege eine
tschechische Frau. Die wirren, schwarzen Haare knapp unter
einem Tuche geborgen, eine Kiepe auf dem Rücken, trat
sie quer über meinen Weg mit ihren nackten Füssen Figuren
in den Sand, dabei tschechische Worte murmelnd, die ich
nicht verstand. Als ich ihr dies sagte, prophezeite sie mir
unaufgefordert in schlechtem Deutsch, wie es jetzt nach
Jahren gekommen ist, und zwar mit den ungefähren Worten:
„Sind gross, sind gross, aber haben kleine Batzen; aus
meiner Sippe wird sie kommen, die dir den Weg vertritt


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