Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
30. Jahrgang.1903
Seite: 423
(PDF, 181 MB)
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Seiliog: Goethe und der Materialismus.

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hat, dürfte jener boshafte Vergleich heute noch ebenso angebracht
sein wie früher. Wer sich über die unerquicklichen
Einzelheiten orientieren will, der nehme ausser der
Quelle Loof's „Anti-Haeekel" zur Hand. In einem Punkte
sympathisirt übrigens Haeckel mit dem Christenthum: in
der altruistischen Moral. Da er sie jedoch mit seiner Lehre
nicht zu begründen vermag, kann in diesem, vermuthlieh
auf Senilität zurückzuführenden Verhalten nur Inkonsequenz
und Mangel an Muth erblickt werden; denn der konsequente
Materialismus muss zur egoistischen Herrenmoral führen,
wie denn auch Lange („Geschichte des Materialismus")
erklärt ht-t, dass es der Welt dann am Besten gehe, wenn
„die Individuen am ungestörtesten ihre eigenen Interessen
verfolgen." Die Herrenmoral aber hat „vergebens im Neuen
Testament auch nur nach Einem sympathischen Zuge ausgespäht
" und das Christenthum gerade im Hinblick auf
seihe Moral den „einen unsterblichen Schandfleck der
Menschheit" geheissen.

Und wie hat Goethe sich zu Religion und Christenthum
verhalten? Wer ihn wenig genug kennen sollte, um
zu bezweifeln, dass er ein im besten Sinne religiös denkender
und fühlender Mensch gewesen, der sei auf zwei Bücher
verwiesen, die geeignet sind, einen derartigen Zweifel gründlich
zu zerstreuen: Vogel, f)GoetheJs Selbstzeugnisse über
seine Stellung zur Religion" und Filtsch, „Goethe's religiöse
Entwicklung". Hat der eine Verfasser auf 236 Seiten nicht
weniger als 903 Aussprüche zusammentragen können, welche
mit verschwindenden und belanglosen Ausnahmen zeigen,
dass Goethes ganzes Streben einen festen Grund in seinem
Glauben an das Göttliche gehabt und dass er hinter jedem
Vergänglichen ein Ewiges gesucht, — so wird eben dies
vom andern Verfasser dadurch bestätigt, dass er den ganzen
Lebensweg des grossen Mannes vom religiösen Standpunkt
aus chronologisch verfolgt. Dass Goethe zudem einen ausgesprochenen
Hang zur Mystik gehabt, glaube ich selbst
mit meiner oben erwähnten Schrift hinlänglich erhärtet zu
haben; Mystik und Religiosität gehen aber nur zu gerne
Hand in Hand.

Um hier wenigstens an einige Zeugnisse für die religiöse
Gesinnung zu erinnern, wie Goethe sie in allen
Lebensaltern gehegt, seien aus der Fülle der Beweise etwa
die folgenden herausgegriffen. 1774 äusserte Goethe („Wahrheit
und Dichtung", XIV): „Der Glaube ist ein grosses
Gefühl von Sicherheit für die Gegenwart und Zukunft, und
diese Sicherheit entspringt aus dem Zutrauen auf ein übergrosses
, übermächtiges und unerforschliches Wesen. Auf


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