Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
30. Jahrgang.1903
Seite: 425
(PDF, 181 MB)
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Seiling: Goethe und der Materialismus.

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leicht begreiflich, dass ein so vielseitiger und von Stimmungen
so sehr abhängiger Mensch, wie Goethe es war, sich während
seines langen Lebens über gar manche Dinge verschieden
ausgesprochen und im Missmuth wohl auch ein hartes Wort
hat fallen lassen. Auf vorübergehende Verstimmungen und
auf den, namentlich in Italien eingesogenen Priesterhass,
sind denn auch die wenigen ungerechten und verletzenden
Ausfälle gegen das Christenthum zurückzuführen, wennschon
andererseits zugegeben werden muss, dass Goethe in seinen
mittleren Lebensjahren aus dem Gedankenkreise des historischen
Christenthums sich eine Zeit lang entfernt hat.
Aber scaon während seines freundschaftlichen Verkehres
mit Schiller beginnt er, sich dem Christenthum wieder zu
nähern, um es mit zunehmenden Jahren mit immer grösserer
Wärme und Verehrung zu umfassen. Es ist ausserordentlich
vielsagend, dass man, wie Filtsch es an sich erlebt hat,
zu Christus und seinem Evangelium zurückgelangen kann,
wenn man Goethe's Stellung zur Religion verfolgt.

„Man muss ihnen bisweilen einen Knochen hinwerfen,
an dem sie etwas zu nagen haben", hat der Altmeister sich
einmal vernehmen lassen. Man wird nicht fehlgehen, wenn
man zu diesen Knochen das eine oder andere jener antichristlichen
Schlagwörter wirft, deren Abnagung die Materialisten
gar so sehr ergötzt. Trotzdem mag es nicht überflüssig
sein, solch spärlichen Knochen eine grössere Zahl
warmblütiger, wohlüberlegter und Goethes eigentliche Gesinnung
wiederspiegeinder Aeusserungen entgegenzusetzen:
In „Wahrheit und Dichtung" (VII) heisst es: „Ich für
meine Person hatte die Bibel lieb und werth; denn fast
ihr allein war ich meine sittliche Bildung schuldig. Die
Begebenheiten, die Lehren, die Symbole, die Gleichnisse,
alles hatte sich tief bei mir eingedrückt und war auf die
eine oder andere Weise wirklich gewesen. Mir missfielen
daher die ungerechten, spöttliehen und verdrehenden Angriffe
.** Im folgenden Buche seiner Lebensbeschreibung
sagt Goethe: „Ich hätte nicht recht gewusst, mich ohne Ge-

Die oberflächliche und übelwollende Ansicht, dass das Zeichen
f das Symbol des Christenthums bedeute, wird merkwürdiger Weise
auch von Filtsch getheilt, weshalb er sagt, es sei immerhin bemerkens-
werth, das Goethe nicht das Wort, sondern nur das Zeichen gesetzt
habe. Zweifelsohne sind aber jene Ausleger im Eecht, welche behaupten
, es handle sich lediglich um vier übelriechende Dinge,
deren viertes Goethe nicht habe nennen mögen. — Und was das
„Märchen von Christus1* betrifft, so soll dieses Wort zuerst vom Pabst
Leo X. in den Mund genommen worden sein: „Wie sehr uns und
den Unsrigen das Märchen von Christus zu Statten gekommen, des
sind die Jahrhunderte Zeuge/4

Psychische Studien. Jali 1903. 28


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