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426 Psychische Studien. XXX. Jahrg. 7. Heft. (Juli 1903.)
fühl und Enthusiasmus mit dem Neuen Testament zu beschäftigen
." Im XII. Buche des gleichen Werkes macht
er gelegentlich einer ausführlichen Besprechung der Bibel
die Bemerkung: „ # . . . und hatte überhaupt zu viel Ge-
müth an dieses Buch verwandt, als dass ich es jemals wieder
hätte entbehren sollen.44 Im XV. Buche endlieh spricht
er davon, dass ihm seine „Neigung zu den heiligen Schriften,
so wie zu dem Stifter und den früheren Bekennern, nicht
getrübt werden konnte." Im „Brief dea Pastors zu ***"
(177.*>) steht: „Ich weiss nicht, ob man die Göttlichkeit der
Bibel einem beweisen kann, der sie nicht fühlt. Wenigstens
halte ich es für unnöthig." In der „Geschichte der Farbenlehre
" findet sich die Stelle: „Jene grosse Verehrung,
welche der Bibel von vielen Völkern und Geschlechtern der
Erde gewidmet worden, verdankt sie ihrem inneren Werthe."
In den „Noten zum Divan" heisst es: „Dagegen gebührt
der christlichen Religion das höchste Lob, deren reiner,
edler Ursprung sich immerfort dadurch bethätigt, dass nach
den grössten Verirrungen, in welche sie der dunkle Mensch
hineinzog, ehe man sich's versieht, sie sich in ihrer ersten
lieblichen Eigenthümlichkeit als Mission, als Hausgenussen-
und Brüderschaft zur Erquickung des sittlichen Menschen-
bedürinisbes immer wieder hervurthut." „Zur Deutschen
Litteratur" schreibt Goethe (1818): „Niemals können wir
die Bildung verleugnen, die wir von der Bibel hergenommen
haben, einer Sammlung bedeutender Dokumente, welche
bis auf die letzten Tage einen lebendigen Einfiuss hat, ob
sie uns gleich so fern liegt und so fremd ist, als irgend ein
anderes Alterthum. Dass wir sie näher fühlen, kommt
daher, weil sie auf Glauben und höchste Sittlichkeit wirkt,
da andere Litteraturen nur auf Geschmack und mittlere
Menschlichkeit hinleiten.44 Kanzler v. Müller registrirt (1821):
„Was hat denn der christlichen Religion den Sieg über
alle anderen verschafft, wodurch ist sie die Herrin der
Welt geworden und verdient es zu sein, als weil sie die
Wahrheiten der natürlichen Religion in sich aufgenommen
hat?" Die „Sprüche in Prosa" (Ethik III) enthalten die
Stelle: „Deshalb ist die Bibel em ewig wirksames Buch,
weil, solange die Welt steht, Niemand auftreten und sagen
wird: ich begreife es im Ganzen und verstehe es im Einzelnen.
Wir aber sagen bescheiden: im Ganzen ist es ehrwürdig
und im Einzelnen anwendbar." In den „Wanderjahren"
(III, 11) lesen wir: „Dass der Mensch ins Unvermeidliche
sich füge, darauf dringen alle Religionen; jede sucht auf
ihre Weise mit dieser Aufgabe fertig zu werden. Die
christliche hilft durch Glauben, Liebe} Hoffnung gar an-
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