Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
30. Jahrgang.1903
Seite: 427
(PDF, 181 MB)
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Seiimg: Goethe und der Materialismus.

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muthig nach; daraus entsteht dann die Geduld, ein süsses
Gefühl, welch' eine schätzbare Grabe das Dasein bleibe,
auch wenn ihm anstatt des gewünschten Genusses das
widerwärtigste Leiden aufgebürdet wird. An dieser Eeligion
halten wir fest, aber auf eine eigene Weise.u An Zelter
schrieb Goethe (1832): „Dass ich das Kreuz als Mensch
und als Dichter zu ehren und zu schmücken verstand, habe
ich in meinen Stanzen bewiesen.4* Gegen Eckermann äusserte
der Weise von Weimar (lö29): „Die christliche Eeligion
ist ein mächtiges Wesen für sich, woran die gesunkene
und leidende Menschheit von Zeit zu Zeit sich immer
wieder emporgearbeitet hat, und indem man ihr diese
Wirkung zugesteht, ist sie über aller Philosophie erhaben
und bedarf von ihr keine Stütze" und (1832) — last not
least —: „Mag die geistige Kultur nur immer fortschreiten,
mögen die Naturwissenschaften in immer breiterer Aus-
dennung und in die Tiefe wachsen und der menschliche
Geist sich erweitern, wie er will, über die Hoheit und
sittliche Kultur des Christenthums, wie es in den Evangelien
schimmert und leuchtet, wird er nicht hinauskommen."

Auf die mit besonderer Vorliebe geklingelte Phrase
vom „alten Heiden" kann endlich sogar mit einer direkten
Gegenäusserung Goethe^ erwidert werden, aus welcher man
mittelbar schliessen darf, dass das ästhetische Moment den
Ausschlag gegeben haben mag, als er sich einst selbst einen
Heiden genannt hatte. Zum Kanzler v. Müller sagte Goethe
nämlich (1850): „Sie wissen, wie ich das Christenthum achte,
oder Sie wissen es vielleicht auch nicht; wer ist denn heutzutage
noch ein Christ, wie Christus ihn haben wollte?
Ich allein vielleicht, ob ihr mich gleich für einen Heiden
haltet." Dies zu bezweifeln, möchte man weder Kecht noch
Lust haben, wenn man ein zeitgenössisches Urtheil hört,
wie es Varnhagen von Ense abgegeben hat: „Sein Herz hegt
die reinste, wärmste Liebe, er ist gotterfüllt, echt tromm
und heilig in seinem tiefsten Wesen. Er macht keine Worte
von Christus, er prahlt nicht mit seinem Bekenntniss auf
ihn, aber Jesus hätte ihn zum theuersten Freunde gehabt,
wäre er ihm begegnet." Und dass Goethe seine christliche
Gesinnung auch m die That umgesetzt, dafür giebt es
wiederum genug der Zeugnisse; man lese allenfalls nur das
Kapitel „Frömmigkeita m Wilhelm ßode's treffliehein Buche
^Goethe's Lebenskunst *

Eürwahr, wer da glaubt, sich von Richard Wagner abwenden
zu müssen, weil dieser „ unter dem Kreuze zusammengebrochen
" sei, der lasse nur ja auch Goethe fahren; denn
hinsichtlich ihrer Stellung zum Christenthum herrscht

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