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v. Schnellen: Der Doppelgänger und der Astralleib. 429
leib nicht nur seiner sinnlichen Erscheinungsform vorhergehen
, sondern auch noch zurückbleiben, wenn diese, die
ja nur sein irdisches Kleid ist, im Tode von ihm abgefallen
ist. Die Seele, oder das transzendentale Subjekt als die
Verbindung des Astralleibes mit dem übersinnlichen JBe-
wusstsein, ist alsopräexistent und unsterblich (S. 168).
Diese Grundzüge seiner monistischen Seelenlehre glaubt
du Prel — allerdings sehr mit Unrecht! — aus den allgemein
anerkannten Thatsachen des goldenen Schnittes,
der Organprojektion und des kleinsten Kraft-
maasses durch logische Folgerungen abgeleitet zu haben
(S. 248. 188), und die mystischen Erscheinungen sollen
durch den so gewonnenen Begriff der Seele erst die richtige
Erklärung und allgemeine Anerkennung finden (Vorwort V),
während sie andrerseits für jene logisch notwendigen Deduktionen
angeblich wieder die empirische Bestätigung liefern
(S. 148). Das gilt im Besonderen von der Doppelgängerei
, zu deren Verständniss gerade der Astralleib
uns den Schlüssel geben soll (S. 189). Denn da der Astralleib
als Substanz seiner irdischen Erscheinungsform vorhergeht
, also selbständig ist und bei seiner definitiven Trennung
vom Körper im Tode wieder selbständig wird, so ist nach
du Prel von vornherein die logische Möglichkeit oder gar
Wahrscheinlichkeit gegeben, dass eine solche Trennung
vorübergehend auch schon innerhalb des Lebens eintritt
(8. 169» 170), Seine Zweifel gegenüber der Doppelgängerei
gelten also nicht dem Astralleib, sondern nur seiner realen
Darstellung in den einzelnen Fällen (S. 202. 244); und da
diese Realität sich ihm bei der weiteren Untersuchung angeblich
als eine notwendige Annahme herausstellt (S. 253),
so findet du Prel in der Doppelgängerei den anschauliehen
Beweis nicht nur für die Existenz eines ätherischen Leibes,
sondern auch für seine gelegentliche Abtrennung von dem
irdischen Körper (S. 170). Der Doppelgänger ist ihm also
der bis zur Sichtbarkeit verdichtete Astralleib (S. 175),
der z. B. bei den sich doppelt sehenden Fieberkranken in
räumlicher Scheidung vom physischen Leibe auftritt (S. 281),
auf einer Reise durch lebhafte Sehnsucht nach deren Ziel
vorausgesendet wird (S. 181) und auch sonst weite Wanderungen
an entfernte Orte unternehmen kann (S. 186. 244).
Ist nun eine solche Identifikation des Doppelgängers
mit dem Astralleibe gerechtfertigt? — Um diese Frage
zu entscheiden, müssen wir zunächst einen Blick auf die
äussere Erscheinung und die Thätigkeit der Phantome
werfen. Da finden wir denn von der Doppelheit einzelner
Körpertheile (S. 193. 243) und von dem irrationalen Ver
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