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436 Paychiache Studien. XXX. Jahrg. 7. Heft. (Juli 1903.)
der Individualität zu erklären. Freilich, der Wechsel
zwischen so verschiedenen Anschauungen und ihre gelegentliche
Vermengung führt dann wohl auch zu neuen Widersprüchen
. So wenn der Astralleib von der Seele ausgesendet
(S. 198) oder gar für die reale Wirkung der organisirenden
Seele ausgegeben (S. 370. 189) und damit diese Seele
offenbar wieder unkörperlich gedacht wird, während doch
die ganze Philosophie du Prel's darauf hinausläuft, gerade
die Räumlichkeit und Stofflichkeit der Seele zu beweisen
fS. 129 ff.) und den Astralleib selber als das organisirende
Prinzip zu bezeichnen (S. 170), von dem die plastische
Gestaltungskraft der Seele ausgehe (S. 168). Indessen
wenn man von diesen gelegentlichen Widersprüchen absieht,
so darf man du PrePs vorerwähnte Neigung, den Doppelgänger
aus der organisirenden Punktion der Seele abzuleiten,
als einen deutlichen Beweis dafür ansehen, dass er die
Unmöglichkeit einer Identifikation des
Phantoms mit dem Astralleibe und die Notwendigkeit
einer anderen Erklärung mehr oder weniger
selbst empfunden hat. Wie könnte er sonst wohl die
organisirende Funktion der Seele auf die beiden Zwillinge
(d. h. auf den irdischen Leib und seinen Doppelgänger) vertheilt
sein lassen (S. 172)? Wie hätte er auch nur den
Doppelgänger als ein Produkt der organisirenden Seele
(S. 276) bezeichnen oder sich überhaupt die Frage vorlegen
können, ob bei der Erzeugung des Doppelgängers nur die
organisirende Seele thätig, oder ob das Phantom auch von
transzendentalem Bewusstsein geleitet sei (S. 172)? — Denn
wenn das Phantom nur als ein Erzeugniss der organisirenden
Seele bezeichnet wird, dann ist, — da der Astralleib
ja die organisirende Seele selber ist (S. 129, 170) —,
damit allein schon gesagt, dass der Doppelgänger eben
nicht der sichtbar gewordene Astralleib ist! Noch deutlicher
wird das, wenn du Prel an anderer Stelle (S. 371)
auch von einer mangelhaften Projizirung des transzendentalen
Subjekts in das Phantom des Doppelgängers spricht
und ihre Identität für eine „ungenügende" erklärt. Denn
eine ungenügende oder „mangelhafte Identität" (S. 372) ist
offenbar gar keine mehr, und da das transzendentale
Subjekt die untrennbare Verbindung des Astralleibes mit
dem transzendentalen Bewusstsein ist, so folgt daraus unmittelbar
, dass der Doppelgänger nun und nimmer der
Astralleib ist. Wir haben also, wenn wir von einer Projektion
des Astralleibes (S. 176), von seiner Voraussendung
durch lebhafte Sehnsucht (S. 181) oder gar von seiner
Bildung in mehrfachen Exemplaren (S. 290) hören, darunter
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