Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
30. Jahrgang.1903
Seite: 459
(PDF, 181 MB)
Bibliographische Information
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Dankmar: Geistige und soziale Strömungen etc. 459

Gott fragt, ich muss ihm Antwort geben;
Mir blieb als einz'ges Gut vom Leben:
Dass manchmal ich in ihm geweint.

Trotzdem Musset das echt französische Genre der poetischen
Plauderei (Causerie) gepflegt (sein vollkommenstes
Werk darin ist „Namouna" aus der Sammlung
„Un speetaele dans un fauteuil" 1833), so ist doch der
Hintergrund dieser Plaudereien ein tief ernster. Er schildert
darin den innersten Lebensnerv des gesellschaftliehen Organismus
als von Fäulniss angefressen; er schildert die Gesellschaft
s o, dass man sieht, wie das Individuum durch die verkehrten
Einrichtungen dieser auf die Bahn des Lasters gedrängt
wird. Die Sittensehilderung des Frankreichs der Julimonarchie
ist dabei mit grausamer, ja cynischer Analyse
durchgeführt. Seine glänzende Begabung als Lyriker —
es sei nur an das einzige „Au Ninon" („Si je vous disais,
pourtant, que je vous aime" aus „Emmeline") hervorgehoben
— zeigt Mussei auch dadurch, dass er im Leser eine schwer-
müthige Traumstiamiuug erzeugen kann, so besonders in
seinen „Nachtgesängen4*. In „Les deux maitresses" führt
der Heid ein somnambules Doppelleben zwischen Traum
und Wirklichkeit. Seinem innigen Glauben an die Imraor-
talität giebt Müsset in folgendem wunderbaren Gedichte
Ausdruck:

Ö Kind des Staubs, bestimmt, nur einen Tag zu währen,
Was klagst und seufzest du und härmst dich spät und früh?
Wa? bangst du sehnsuchtsvoll in sehlummerlosen Zähren?
Unsterblich ist dein Geist und trocknen werden sie. . . .
Um ein verlorenes Glück verzehrst du dich in Sorgen,
Blind für die Zukunft macht dich die Vergangenheit?
O klag' um gestern nicht! Erwarte still den Morgen —
Unsterblich ist dein Geist und hingehn wird die Zeit.
Dein Haupt wird müd und schwer, dein Knie versagt im Wallen,
Du fühlst, dass dieser Bau in Staub zu brechen droht
Vor des Gedankens Wucht — O Thor, so lass ihn fallen!
Unsterblich ist dein Geist und dich befreit der Tod.

Das „verlorene Glück", um welches Musset hier klagt,
war die unglückliche Liebe zu einer Frau, die ihn in Venedig
schnöd verlassen hatte und dieser müssen wir uns jetzt
zuwenden. Es ist dies eines der genialsten Weiber, das
jemals in irgend einer Litteratur die Feder geführt hat.
Ihr Name ist Aurore Dvpin, verehelichte ßudevant; mit ihrem
Schriftstellernamen nannte sie sich aber (nach ihrem Freunde
Jules Sandeau) George Sand (1804—187tj) und unter diesem
Pseudonym gehört sie den Grössen der Weltlitteratur an.
„Ihre litterarischen Ahnen sind Rousseau, Chateaubriand und

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