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492 Psychische Studien, XXX. Jahrg. 8. Heft. (August 1903.)
andererseits in gesonderten Abtheilungen zu behandeln,
möge dahingestellt bleiben. Zwar ist ein grosser Theil des
ßeweismaterials in die Anhänge verwiesen und in der Ein-
theilung des ganzen Buches nach möglichster Uebersieht-
lichkeit gestrebt, auch eine sehr willkommene Zusammenstellung
der vielen und zum Theil neuen wissenschaftlichen
Ausdrücke beigefügt; aber das beständige Durcheinandergehn
von Berichten und daran geknüpften Spekulationen und
abermaligen Belegen zu letzteren, dabei eine gewisse Breite
der Ausführung, die bei der Natur des Gegenstandes wohl
erklärlich ist, sind nicht geeignet, das Studium leicht zu
machen. Eben deshalb fällt es auch schwer, von dem überaus
reichen Inhalte einen Begriff zu geben. Vielleicht gelingt
dies am ehesten (wenn auch auf die Gefahr hin, durch
Ausschluss alles erläuternden und beweisenden Materials
etwas trocken zu werden), wenn ich nachstehend die ausführliche
Einleitung des Verfassers wiedergebe — in engem
Anschluss an den Wortlaut und mit nur geringen Kürzungen
.
Um 3873, als eine besonders hohe Welle des Materialismus
über England ging, kamen einige Freunde in Cambridge
zu dem Entschlüsse, eine Lösung der Frage nach
einer unsichtbaren Welt nicht durch Studium der Ueber-
lieferung, noch durch metaphysische Spekulation, sondern
auf dem Wege des Experiments zu versuchen. Das erste
Ergebniss ihrer Beobachtungen war für sie eine Bestätigung
der These, die wenigstens von Swedenborg und den älteren
Mesnieristen an immer von neuem, wenn auch mit spärlicher
Zustimmung, vorgebracht worden ist — die These, dass
eine Mittheilung von einem Menschengeist zum andern auf
anderem Wege als durch die anerkannten Sinnesorgane
möglich sei. Fälle dieser Art, die man jetzt als telepathische
Vorgänge bezeichnet, könnten unter gewöhnlichen
Verhältnissen eintreten, am meisten aber in Augenblicken
der Gefahr und des Todes. Edmund Gurney} unter
Mitwirkung von Myers und Podmore, veröffentlichte die dafür
gesammelten Beispiele („Phantasms of the Living"). Man
entdeckte weiter, dass von den Erscheinungen im Augenblick
des Todes ein unmerklicher Uebergang ist zu den
Fällen, wo der Tod der erscheinenden Personen bereits eingetreten
, wenn auch dem Empfänger der Erscheinung noch
unbekannt ist. Da nun aber angebliche Manifestationen
Verstorbener in anderer Form als der eigentlichen „Erscheinung
" (als Phantom, Gespenst, revenant — wofür es
z. B. im Dänischen das Wort Genganger giebt) noch häufiger
sind, so bedurfte es einer weiteren vorbereitenden Unter-
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