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514 Psychische Studien. XXX. Jahrg. 8. Heft. (August 1908.)
kaum eine Verschiedenheit der Ansichten. Houzeau berichtet
, dass seine Papageien und Kanarienvögel träumten;
Darwin ist der Meinung, dass Hunde, Katzen, Pferde und
wahrscheinlich alle höheren Thiere, selbst Vögel, lebhafte
Träume haben, Brehm schreibt von dem Hunde: Alle
Hunde schlafen gern und viel, aber in Absätzen, und ihr
Schlaf ist sehr leise und unruhig, häufig auch von Träumen
begleitet, welche sie durch Wedeln mit dem Schwänze,
durch Zuckungen, Knurren und leises Bellen kundgeben.
Die Träume von Affen hat besonders von Fischer beobachtet;
von einem zahmen Drill, den er besass, schreibt er Folgendes
: „Er träumte in der letzten Zeit viel und oft. Ich
hörte häufig Abends, wenn bereits alles in der Thierstube
ruhig war und die Nachtlampe nur spärlich dieselbe beleuchtete
, plötzlich ^chreckverrathende Laute. Gewöhnlich;
wenn ich in die Stube kam, fand ich in derselben nichts
Auffälliges. Der Drill sass dann entweder auf dem Boden
des Käfigs oder auf der höchsten Kletterstange und spähte
ängstlich um sich herum, den Gegenstand seines Schreckens
suchend. Ausserdem stiess er diese Laute ofc im Schlafe
aus, und wenn er dann geweckt wurde, flüchtete er sich
Schutz suchend zu mir. Lächeln im Schlaf habe ich ihn
zwei Mal gesehen, nur ist dasselbe nicht so deutlich wie
im wachen Zustande. Es wird nur durch geringes Herabziehen
der Mundwinkel markirt, ohne die Zähne sichtbar
werden zu lassen. Dass dieses Grinsen nicht mir galt, geht
daraus hervor, dass, als ich ihn beim Namen rief, was ich
mehrmals wiederholen musste, er aufsprang und sich erschreckt
aufrichtete, dann aber freudig zu mir kam und
sich im Schooss verkroch." Diese Thatsache ist nicht neu,
da mir mehrere mit Affen u. dgl. herumziehende Gaukler
auf mein Befragen von Träumen bei Affen erzählt haben;
sie konnten jedoch nichts Näheres darüber berichten. Muss
man also zugeben, dass die höher organisirten Thiere
träumen, so ist es doch eine lächerliche Anschauung, die
man häufig unter Pferdebesitzern antrifft, dass die Pferde
die Uhr angeben. Wie diese Ansicht entstanden ist, kann
man leicht einsehen. Das Pferd stampft ein oder zwei
oder drei Mal in der Nacht auf; zufällig ist es gerade
1 oder 2 oder 3 Uhr — und die Kenntniss der ühr ist
fertig. Bei den Völkern, die eine andere Zeitrechnung
haben, so bei den alten Römern, hätte das Pferd zu derselben
Zeit sieben-, acht- oder neunmal aufschlagen und,
wenn wir erst die Nachtstunden von zwölf bis vierundzwanzig
zählen, dreizehn, vierzehn oder fünfzehn Mal stampfen müssen
— was es gewiss nicht thut. („Leipz. Neueste Nachr." vom
21. März 1903.) Dr. Th. Zell
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