http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1903/0450
516 Psychische Studien. XXX. Jahrg. 8. Heft. (August 1903.)
Vorliegende Schrift des in Stuttgart lebenden Privatgelehrten
und in weiten Kreisen bekannten Vorkämpfers der deutschen Homöopathen
entspricht u. E. vollkommen der ersten Voraussetzung
einer jeden gründlichen Untersuchung, nämlich der natürlichen
Erklärbarkeit der Erscheinungen unter Ausschluss aller
unbeweisbaren Hypothesen. Verf. geht aus von der 1755 durch
Kanl aufgestellien, aber erst 41 Jahie später durch Laplace zur Anerkennung
gebrachten Theorie der Entstehung unseres Sonnensystems
aus einem Urnebel, die nach seiner Ansicht vielleicht einmal modi-
fizirt, gewiss aber nicht ganz umgestossen werden kann, bestreitet
jedoch den damit verbundenen, von der offiziellen Wissenschaft als
Dogma hingestellten Lehisatz, wornach die Abplattung der Erde
an den Polen die Folge der am Aequator stärkeren Rotationsgeschwindigkeit
sein und die Stärke der Abp'attung eines Gestirnes
in gewissem Zusammenhang mit dem Grade der Umdrehungsgeschwindigkeit
an seinem Aequator stehen soll. Schon die Thatsache
der andauernden Erhebung ausgedehnter Ländergebiete im Norden,
sowie dass das Wasser vom Aequator als Golfstrom dem Norden zu
abfliesst, spricht gegen diese auf anerzogenem Autoritätsglauben
beruhende Annahme; überdies sind Venus, Merkur und Sonne bekanntlich
überhaupt nicht abgeplattet. Die einzig stichhaltige Erklärung
der Abplattung findet daher Verf. in den plötzlichen Katastrophen
, die unser Sonnensystem im Laufe der Zeiten heimgesucht
und auch die Eiszeiten im Gefolge gehabt haben Als Louis
Agassiz (geb. 1807 in Mortier-Schweiz, 1832—46 Professor der Naturgeschichte
in Neufchätel, später Professor der Geologie und Zoologie
in Amerika, t 1873) diese Theorie eingehend begründete und seine
Beweise für den Transport erratischer Blöcke durch Gletscher zuerst
der „Soei£t£ G^ologique de la France" mittheilte, kam diese
gelehrte Gesellschaft laut den darüber veröffentlichten Bulletins zu
dem bezeichnenden Beschlüsse: „Da die Ansichten Agassiz1 über die
Lagerungsverhältnisse der Blöcke mit der allgemein angenommenen
Theorie der Ströme unvereinbar sind, so müssen sie als unbegründet
zurückgewiesen werden", womit diese von dem besten Kenner der
Alpenregion aufgerollte grossartige Perspektive von der offiziellen
Naturwissenschaft der Vergessenheit übergeben werden sollte! Verf.
nimmt mit Philipp Spiller (in seinem — seitens der Universiläts-
^elehrten gleichfalls unbeachtet gelassenen Original werke: „Die Entstehung
der Welt und die Einheit der Naturkräfte", Berlin 1870)
zwei grosse, einschneidende Katastrophen, bezw. Kälteperioden an,
deren erste bei Abtrennung des Planeten Venus vom Sonnenkörper
eintrat, während die zweite eine Folge der Abtrennung des Merkurkörpers
war. Erweitert werden diese Anschauungen durch die Ergebnisse
der Entdeckungen von Norden skiold („Studien und Forschungen
, veranlasst durch meine Eeisen im hohen Norden", Leipzig
1885), Ferd. v. Richthofen („China*. Berlin 1877) und namentlich des
unseren Lesern durch die einschlägigen Arbeiten von Alheri Kniepf
(vergl. besoiders „Psych. Stud/ 1899, S. 152, mit Bild, und 1901,
S. 584 f£.) näher bekannten Chemikeis und Astrophysikers Martin
Ziegler (geb. 1818 in Mülhausen-Elsass, Fabrikdirektor in Barcelona
bis 1868, Privatgelehrter in Genf bis 1888, f in Alger 1893), der die
letzten 20 Jahre seines Lebens hauptsächlich daran setzte, die Einflüsse
des von der Sonne, vom Mond und einigen Gestirnen zur
Erde gehenden Od Stroms zu untersuchen und mit einem von ihm
erfundenen „äquatorial* (Sektor) genannten, äusserst sinnreichen
Apparat zu kontrolliren. Auch der 1886 in Genf anwesende Dr. med.
Dierkes aus Paderborn empfand (wie er dem Verf. laut Brief vom
8. März 1908 ausdrücklich bestätigte) im Finger deutlich die odi-
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1903/0450