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588 Psychische Studien. XXX. Jahrg. 9. Heft. (September 1903.)
keit zu einer tragischen Katastrophe führen mussten, die bei
seinem Prinzip der (von der lebensfrohen Mutter vererbten)
Lust der „Mitfreude" sonst unbegreiflich bliebe. Möge er die
vorzeitig gesuchte Ruhe nun endlich gefunden haben! M.
b) Cesare Lombroso über ein neues Spukhaus
in Turin. Die „Turiner Volkszeitung44 v. 10. Mai er.
veröffentlicht einen in spöttischem Ton gehaltenen und eben
deshalb um so glaubwürdigeren Bericht über unerklärliche
Vorkommnisse in einem von dem Buchdrucker Mignotti bewohnten
Zimmer im zweiten Stockwerk des Hauses Nr. 30
via Massena, welche Anfangs Mai er. die Tageszeitungen
beschäftigten. Die dort ihr Unwesen treibenden Geister
haben sich demnach zurückgezogen bis auf einen, der „so
liebenswürdig war, den Autoritäten, die sich mit ihm zu
befassen beliebten, mit genauen Auskünften über seine
höchstwertig eigene Person zu dienen!" Es ist ein Russe,
Namens Paskai Kapoff\ der vor ca. 10 Jahren im Alter von
75 Jahren in der Magentastrasse 17 gestorben ist,
nachdem er 40 Jahre lang in jenem Haus der via
Massena gewohnt hatte. So gab er wenigstens durch
die bekannten Klopf laute in den Wänden selbst eines
Abends dem Psychiater Prof. Dr. Lombroso an, der den
Spiritismus früher als Geisteskrankheit bekämpft hatte, bis
die von ihm nun eifrig studierten Thatsachen ihn zwangen,
den betreffenden Problemen näher zu treten. Die sich der
Untersuchung der geheimnissvollen Vorgänge in jenem Haus
widmenden Gelehrten hatten alle erdenklichen Vor-
sichtsmaassregeln getroffen, um nicht einem Trick
zum Opfer zu fallen, indem sie alle Zimmer des Gebäudes,
von oben bis unten und auf allen Seiten, vom Kellergewölbe
bis zum Dachboden bewachen Hessen. Die durch dumpfe
Klopf laute geführte Unterhaltung, welche nach Aufsagen
des Alphabets bestimmte Buchstaben ergab, die dann, zu
Worten an einander gereiht, mehr oder weniger verständige
Sätze bildeten, fand nur in Gegenwart von Polizisten, Gens-
darmen und kontrollirenden Gerichtsbeamten statt. Als
einmal der Vermiether des Hauses anwesend war, ging der
keine Ruhe findende „Geist" sogar so weit, diesem Herrn
seine Unzufriedenheit als alter Bewohner des Hauses deutlich
kundzugeben. Das Seltsamste dabei ist, dass die sonderbaren
Geräusche sich erst nach 7 Uhr Abends hören lassen,
wenn die Kinder des Buchdruckers zu Bett gegangen und
eingeschlafen sind, und zwar gerade in der Nähe des Kinderbettes
, wo die sehr bestimmt klingenden Klopftöne aus dem
Innern der vollständig massiven, bO cm dicken und keine
Höhlung enthaltenden Wand hervorkommen, keineswegs aber
aus dem auf der andern Seite liegenden, scharf überwachten
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