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Dankmar: Geistige und soziale Strömungen ete.
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Diplomatenkunststück > welches er zusammen mit Guizot
lieferte: die „spanischen Heirathen", um die letzte Achtung.
— Wir haben zuletzt von dem Wüthen des durch Frankreichs
Hilfe wieder hochgekommenen Unholds Ferdinand^ VII.
von Spanien gehört. Dieser hatte, als würdigen Abschluss
seiner erbärmlichen Regierung, die alte Thronfolgeordnung
aufgehoben und zu Gunsten der Tochter seiner 4. Gemahlin,
Namens Isabella, die kastilisch-kognatische Erbfolgeordnung
der Töchter wiederhergestellt, wodurch der Grund gelegt
wurde zu langen, blutigen Bürgerkriegen. Nach seinem
Tode (September 1833) übernahm seine Witwe: Maria
Christine die Regentschaft für ihre unmündige Tochter
Isabella IL, aber die meisten Provinzen erhoben sich wider
sie und des Königs Bruder Don Carlos machte Ansprüche
auf den Thron. Es entbrannte nun einer der grausamsten
und entsetzlichsten Bürgerkriege (zwischen „Christinosu
und „Carlfeten"), welche die Geschichte der Neuzeit kennt;
kaum die Türken in ihrem Kampfe gegen die Griechen
haben ähnliche Gräuel begangen, als dieses korrumpirte
Volk der Spanier. Durch Don Baldomero Espartero (geb.
% 1793 als Sohn eines Stellmachers, späteren Herzog)
wandte sich das Glück zuletzt den Christinos (der Partei
der Königin) zu; die Königin - Regentin Maria Christine,
masste aber trotzdem (1840) abdanken und verliess mit
ihrem geliebten Gardisten Mnnoz (späteren Herzog von
Rianzarares) Spanien, nachdem Isabella mündig erklärt
worden war. Dadurch nun, dass Louis Philippe eine Vermählung
der jungen, schönen, lebensdurstigen Königin
Isabella mit Franz von Assisi, Herzog von Cadix, von dem
man bestimmt wusste, dass er keine Nachkommen
haben könne, und der Schwester der Königin, Luise, mit
Louis Philippe^ Sohne, dem Herzog von Montpensw, durchsetzte
, brach er durch diese Doppelhochzeit (10. Oktober
1846) sein feierlich England gegebenes Versprechen und
stiess so seinen letzten Freund in Europa zurück. Guizot
aber rühmte sich noch vor der Kammer dieses erbärmlichen
Diplomatenstücks, welches den Orleans bei der kinderlosen
Ehe der Königin*) den Thron Spaniens sichern
sollte.**) —
*) Isahella IL blieb aber — merkwürdiger Weise — nun doch
nicht kinderlos, denn nach elf jähriger Ehe gebar sie einen Knaben,
der 1875 als Alphomo XIL den Thron Spaniens bestieg, den Vater
des jetzt regierenden Königs. — Die arme Königin, mit 16 Jahren
schon an einen verlebten, ihr widerwärtigen Eunuchen durch bübische
Diplomatenkniffe verkuppelt, suciite bald das Glück der Liebe
**) Note umstehend.
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