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694 Psychische Studien. XXX. Jahrg. 11. Heft. (November 1903.)
lieh vollkommen wissenschaftlich begründet. Wir wissen,
dass der Mond, unbeschadet des Leugnens der heutigen
Physiker, einen Einfluss von gewissem Umfange auf das
Wetter hat. Der Tübinger Professor J. Schübler gab 1830
seine meteorologischen Mondforschungen heraus, worin er
nebenher den Einfluss des Mondes auch auf die Qualität
des Weines auf Grund der in Württemberg vorgefundenen
Aufzeichnungen über nahezu 500 Jahre festzustellen suchte.
Er fand, dass die guten Weinjahre nach der Qualität,
nicht nach der Quantität geurteilt, „beinahe durchaus
auf die grossen Abweichungen in den Lunistitien,
d. h. wenn der Mond die grösste Deklination von 281/2 Grad
hat, und die schlechten auf die kleinen Abweichungen fallen."
Die guten Weinjahre verhielten sich bei 281/* Grad Abweichung
zu den schlechten wie 225:100, bei IS1^ Grad
Abweichung wie 74 : 100. Man sieht, je grösser die Abweichung
, desto grösser die Wahrscheinlichkeit auf guten
Wein.
Die Ttlusik als Heilmittel im Irrenliatise.*)
Die moderne Heilkunde hat den uralten Glauben an
die Heilkraft der Musik wiederholt wissenschaftlich zu verwerten
gesucht. Wie aus New-York berichtet wird, hat
diese musikalische Heilmethode in dem staatlichen Manhattan
-Hospital auf Wards Island, dicht bei Harlem gelegen
, neuerdings eine bedeutsame Anwendung gefunden.
In der Prauenabtheilung des Hospitals, hat der Leiter,
Dr. Denij die Musik zu einem der wesentlichsten Paktoren
in der Behandlung der Geisteskrankheiten erhoben. In
bestimmten Zwischenräumen finden Konzerte statt, die von
dem Personal des Hospitals gegeben werden, und in denen
auch ein Orchester mitwirkt, das sich nur aus Wärterinnen
zusammensetzt. Bei gutem Wetter sind diese Konzerte im
Freien. Jeden Sonnabend Nachmittag ist ein Bali, an dem
die Kranken sich gewöhnlich äusserst rege betheiligen. Der
Tanz erweckt in den an Melancholie leidenden Kranken einen
Thätigkeitsdrang, der in der Begel sehr heilsam wirkt.
Manchmal tanzen die Kranken allein, manchmal in Paaren,
aber gewöhnlich so taktmässig, dass man in dem Tanz kaum
ein Zeichen von geistiger Anormalität entdecken könnte.
Ein Ohor von Wärterinnen und Patientinnen hält in der
Woche seine regelmässigen Uebungen ab, und mit den
*) Wir entlehnen diesen p0ychologicch interessanten Artikel der
5. Beil. der „Leipz. Neuest. Nachr.* vom 1 Aug er. — Red.
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