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736 Psychische Studien. XXX. Jahrg. 12. fleft (Dezember 1903.)
,%Onkeln4< stehenden Gestalten verstorbener Angehöriger war
unzutreffend, während die scheinbar zutreffende Anspielung
auf die kranke Mutter eines der Aerzte, für welche die Ä.
diesem aus der plötzlich geöffneten linken Hand ein schwarzes
Steinchen übergab, sich wohl daraus erklärt, dass sich vorher
in Gegenwart der Ä. ein Herr nach dem Befinden der
Frau erkundigt hatte. Die zum Theil mit Reimen durch- •
setzten Trancereden bestehen fast durchweg aus Ermahnungen
zur Liebe und zu einem gottgefälligen Leben. Auf die Anwesenden
nimmt Expl. nur einmal Bezug mit der Aeusserung,
dieselben erfüllen hinsichtlich ihrer „Gläubigkeit* nicht die
für eine „harmonische Sitzung" erforderlichen Bedingungen.
— Nach passiver Oeffnung der Augen wird Expl. sofort
der Suggestion zugänglich und durch blosses Fixiren in
Hypnose versetzt. Es wird ihr — offenbar in der Absicht,
auf diesem Wege ein Zugeständniss des Betrugs zu erlangen
— u. A. ein Zusammentreffen mit ihrem Impresario
und ihrem Vertheidiger suggerirt; alle ihre Aeusserungen,
die sie in ihrer Unterhaltung mit diesen macht, bleiben
jedoch ,,sehr vorsichtig und anscheinend wphl abgewogen";
erst nachdem sie erweckt wurde, führt sie die ihr gegebene
posthypnotische Suggestion aus und sagt: „Ich habe geschwindelt
."
Als ihr die Anwesenheit ihres (damals, noch lebenden)
Mannes suggerirt wird, äussert sie zu diesem, sie wisse
nicht, wie die Blumen unter ihre Kleider gekommen seien,
die Aerzte nähmen an, sie sei geisteskrank. — Versuche
mit mediumistischer Schrift rufen den Eindruck hervor, dass
sie nicht völlig automatisch schreibt; sie blickt ab und zu
auf den ihr vorgelebten Bogen und vermag während des
Schreibens nicht sinngemäss aus einem Buch vorzulesen;
der Charakter der Handschrift stimmt mit der gewöhnlichen
Schrift der R. überein. Bei Inanspruchnahme ihrer
Aufmerksamkeit durch Unterhaltung bringt sie nur zusammenhanglose
und schwer leserliche Worte zustande. Direkte
„Geisterschrift" wurde niemals erzielt; auch alle Versuche
mit Gedankenlesen und Gedankenübertragung, Errathen von
Zahlen, Erkennen von Figuren bezw. Gegenständen in
Papierhüllen, führten weder im Trance, noch im Normalzustand
zu einem nennenswerthen Resultat. Ebenso misslangen
Versuche mit Psychographen verschiedener Konstruktion
, deren sich übrigens Frau R. nie bedient haben
will. Auf der Station versuchte sie nur zweimal (am
14. Juni, wo sie im Krankenzimmer eine Trancepredigt
hielt, und am 21. Juli, wo sie mit 4 Patientinnen eine
Tischsitzung veranstaltete) Produktionen vorzuführen, die
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