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8 Psyehisohj Studien. XXXI. Jahrg. 1. Heft. (Januar 1904.)
dasselbe, was das]ch für die Philosophie", „das Unendliche
endlich dargestellt ist Schönheit/4 In der
Kunst hat die platonische Ideenwelt ihre Heimath, da sie
— mehr als die Natur — die volle und wahre Darstellung
der Ideen ist. Die Kunst ist „das einzige, wahre und
ewige Organon zugleich und Dokument der Philosophie**,
denn in der genialen Produktion sieht das Ich sich
selbst produziren in der Einheit des bewusstlosen Schaffens
und bewussten Gestalten®. Die Kunst ist die einzige
und ewige Offenbarung der absoluten Realität, in ihr
stellt das Unendliche sich endlich dar, sie verbindet
allein Freiheit und Nothwendigkeit, „Was wir Natur
nennen, ist ein Gedicht, das in geheimer, wunderbarer
Schrift verschlossen liegt, Doch könnte das Bäthsel sich
enthüllen, würden wir die Odyssee des Geistes darin
erkennen, der wunderbar getäuscht, sich selber suchend, sich
selber flieht; denn durch die Sinnen weit blickt nur wie
durch Worte der Sinn, nur wie durch halb durchsichtigen
Nebel das Land der Phantasie, nach dem wir trachten . . .
Die Kunst ist eben deswegen dem Philosophen das
Höchste, weil sie ihm das Atlerheiligste gleichsam
Öffnet, wo in ewiger und ursprünglicher Vereinigung gleichsam
in einer Flamme brennt, was in der Natur und Geschichte
gesondert ist, und was im Leben und Handeln,
ebenso wie im Denken ewig sicli fliehen muss." Schelling1*
Aesthetik ist kosmologisch, in ihr ist der platonische Stand-
p mkt wieder hergestellt: das Kunstwerk ist eben die geniale
Wiederherstellung der Urbilder nicht als Abbild, sondern
als „Gegenbild" der göttlichen Idee, nicht als Rückschritt
fiegen die Natur, sondern als deren Vollendung und höchste
Potenz. Und hier liegt der Zusammenhang mit der philosophischen
Kunstlehre der romantischen Schule: der Schlegel,
Wacfcenroder, K. W. F. Solger u. s. f., bei denen Kunst und
Religion verschmolzen ist: die Religion ist produktive
Poesie, sagt Novalis. —
(Fortsetzung folgt.)
Geistiges Schaffen unter Inspiration.
Von Hans Kordon (Kilchberg bei Zürich).
VorwortderRed. Zur Einleitung und zum besseren
Verständniss obiger Abhandlung schicken wir einige uns
vor Eintreffen des Manuskripts zugegangene Zuschriften
voraus, welche auch für unsere verehrten Leser die beste
Empfehlung derselben bilden werden. Zunächst schrieb uns
der Herr Verf. selbst, dat. Bendlikon-Kilchberg, 14./X. 03:
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