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10 Psychische Studien. XXXL Jährt;. 1. Hett. ^Januar 19U4.)
Gatten sich kund geben, verdienen wissenschaftlich
geprüft zu werden; dieselben sind ebenso merkwürdig, wie
seltsam. Ich kann Herrn und Frau Kordon, welche ich persönlich
kenne, das beste Zeugniss ausstellen.
Mit den freundlichsten Grüssen
Ihr aufrichtig ergebener
Dr.
Von dem ehrwüidigen Präsidenten Sulzer ging uns
nachfolgendes Schreiben zur Beglaubigung der von Herrn
Kordon berichteten übersinnlichen Phänomene zu:
„Zürich, 11. Nov. 03. Hochgeschätzter Herr! Herr Hans Kordon
Schriftsteller in ßendlikon, schreibt mir unterm 10. Nov., dass Sie
beabsichtigen, in den „Psych. Studien14 einen Bericht über sein
schriftstellerisches Schaffen unter medianimer Inspiration zu veröffentlichen
, und ersucht mich, Ihnen einen schriftlichen Bericht
über meine persönlichen Erfahrungen in dieser Beziehung zu erstatten
. Ich komme diesem Wunsche gerne nach, da ich Herrn
Kordon als einen ohne Zweifei medial begabten und persönlich
ehrenwerthen Mann kernen gelernt habe. Selbstredend muss sich
mein Bericht auf solche ThatsacLen beschränken, die für eine
Würdigung der bei ihm zu Tage tretenden okkulten Erscheinungen
bedeutsam sind.
Ich kenne Herrn Kordon und dessen Frau, die ebenfalls medial
ist und inspirirt schreibt, seit Dezember 1901, und habe auch sowohl
die Art seines Schaffens, als einen freilich nur verhältnissmässig kleinen
Theii des Inhalts des von ihm Geschaffenen kennen gelernt. Er
setzt sich an ein kleines Tischchen, auf das er seire Hände stützt,
in der Rechten einen Bleistift haltend. Nach einiger Zeit geräth
das Tischchen in zitternde Bewegung. Gleichzeitig schreibt er einen
Satz oder bei poetischer Inspiration einen oder zwei Verse, die, wie
er sagt, ihm durch eine innere »Stimme gegeben werden. Dann entsteht
eine Pause, worauf sich der gleiche Vorgang wiederholt. Auf
diesp Weise sah ich ihn ein formvollendetes Gedicht niederschreiben,
an dem nachtiäglich nichts zu korrigiren war.
Schon beim ersten Besuch sagte mir A~, da^s es Goethe sei, der
ihn auf diese Weise inspirire. Begreiflicherweise äusserte ich meine
Zweifel über diese Autorschaft Bald nachher erzählte ich einer
mir befreundeten Dame, Fräulein Ä"., die Medium ist. dass ich in
Kordon einen medial schreibenden Schriftsteller gefunden habe, und
bat sie, ihre Kontrollgeister zu fragen, wer die ihn inspirirende Intelligenz
sei. Ich muss beifügen, da&s diese Dame absolut ehrlich
urd zuverlässig ist, und dass sie Kordon nicht im Entferntesten
kannte und auch heute noch nicht kennt. Nach einiger Zeit sagte
sie mir dann, ihre Kontrolle habe die Mittheilung gemacht, dass
Kordon von einer Geistergruppe inspirirt werde, an deren Spitze
Goethe stehe. Eine andere Dame, die anwesend war, als diese Mittheilung
im Trancezustande gemacht wurde, bestätigte mir deren
Bichtigkeit. Das Nächstliegende ist natürlich, dass das Medium,
Fräulein A", meine oder Kordons Gedanken las. Aber ist es nicht
seltsam, dass ich damals ebenso wie Kordon nur an Goethe allein
als Urheber der Inspiration dachte und keineswegs an eine Gruppe
von Geistern, und bald nachher, aber bevor ich Kordon \on dieser
Sache Mittheilung gemacht hatte, die ihn inspirirenden Intelligenzen
sich wirklich als eine ganze Geistergruppe, an deren Spitze Goethe
stehe, kundgaben? Die Hypothese des Gedankenlesens scheint mir
deshalb kaum zulässig. Auf der andern Seite dürfen wir darin
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