Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
31. Jahrgang.1904
Seite: 22
(PDF, 224 MB)
Bibliographische Information
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22 Psychische Studien. XXXI. Jahrg. 1. llett. (Januar 1904.)

Ich lachte über diese Fabeln — selbstverständlich.
Aher wenn ich jetzt erzähle, was weiter vorging, so geschieht
dies, um zu zeigen, wie das Gefühl des Todes als
etwas Fremdes und Unheimliches einen jeden an Bord packen
kann. Dies Gefühl hatte auch meine Phantasie erhitzt.

Während des Sturmes war ein junger Heizer aus
Hamburg von einem herabstürzenden Maschinenteil getroffen
worden. Wir hatten keinen Arzt, und der erste Steuermann
hatte daher dem Verletzten die Umgebung der Wunde
rasiert, aber in der grossen Hitze entzündete sich dieselbe.
Der Unglückliche verfiel in Gehirnkrämpfe oder was es war,
und starrte uns an mit unsäglich flehendem Blick. Bei
dem ewigen Heulen der Dampfpfeife wurde er dann von
krampfartigem Schreck ergriffen. Es war, als hätte er
etwas vor Augen, und schliesslich bekam er Gebirnzittem,
wie der Steuermann es nannte. In unserer Ratlosigkeit
gössen wir ihm kaltes Seewasser über den Kopf, und unter
grossen Leiden verschied er.

Ich war dabei, als die Kleinigkeiten des jungen Mannes
zusammengepackt wurden, und fand darunter einen halbfertigen
Brief an seine Mutter, aber unheimlich wurde mir
zu Mute, als ich die letzten Zeilen des Briefes las:

„ . . . . Erinnerst Du Dich noch zur Cholerazeit, als
Vater starb, da erzähltest Du, dass ein bleicher Mann Dich
am Krankenbette überraschte. Er stand in der halboffenen
Thür, und Du glaubtest, dass es der Arzt sei, aber der
war es nicht. So wie Du ihn beschrieben hast, mit dem
ernsten Gesicht, dem Bart und dem langen hellen Mantel,
so stand er hier vor mir heute Morgen. Die Sonne war
gerade aufgegangen, und das Licht, das dem Fremden
folgte, als er eintrat, blendete meine Augen.*

Am Nachmittage des Tages, an welchem der junge
Heizer gestorben war, wurde seine Leiche auf eine Planke
gebunden, um welche sich die Mannschaft in tiefer Stille
versammelte. Der Kapitän trat vor und während alle den
Kopf entblössten, las er ein Kapitel aus dem Evangelium
und sprach ein Gebet.

Oben in der nebligen Luft hörte man gerade das lange
Heulen der Dampfpfeife. Es klang in unsern Ohren wie
eine dringende Mahnung: Bereite Dich vor auf Dein nasses
Grab!

Die Planke ward gehoben. Die Flagge, in der die
Leiche lag, blähte sich in der Luft, und einer Mutter liebevoller
Sohn verschwand in den Wogen.

Aber keiner achtete der Leiche, die blitzschnell von
den Haien hin und her gezerrt wurde. Alle, vom Kapitän bis


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