http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1904/0047
Kniepf: f Rudolf Falb.
39
Mond mit mancherlei auf dieser Erde und auch mit dem
Wetter viel zu thun habe. Die „Wissenschaft" (die „moderne"
ist gemeint) hat so viel mit ihren Neuerungen zu schallen,
dass sie auf dergleichen volkstümliche Traditionen wenig
achtet, wenn es auch Gelehrte genug giebt, die Falb's
Prognosen nicht für ganz unbegründet halten, zumal sie oft
auffallend genau eintrafen; nur kann man daran mäkeln,
und überdies gab Falb selbst seine Treffer auf 05°/0 an.
Schon lange vor Falb hat jedoch z. ß. der Astronom
J. J. von Littrotv in seinen Wiener Kalendern von 1836/37
Üntersuchungen über Mond und Wetter publizirt auf Grund
von zuverlässigen Beobachtungen nach dem Tübinger Professor
Schübler (1830) und nach langjährigen Barometerbeobachtungen
zweier französischer Forscher, des Astronomen
Flaugergues*) und eines Physikers Bouvard} der auf an der
Pariser Sternwarte gewonnene 33 jährige Barometerbeobachtungen
fusste. Die Uebereinstimmung der unabhängig
von einander erhaltenen Resultate und die Zuverlässigkeit
derselben überzeugten Littrotv vollständig von einer
gewissen, gesetzmässigen Mitwirkung des Mondes an der
Gestaltung des Wetters. Die Kritiker Falb's — ich weiss
nicht einmal, ob diesem selbst die Arbeiten Littrow's bekannt
waren, — lallten ihre Urtheile nur auf Grund seiner
Prognosen, aber dieser Weg ist ein ganz anderer, auch
streng wissenschaftlich vielfach nicht überzeugend. Es hat
sich nun aber auch herausgestellt, dass die Gegner sozusagen
hereingefallen sind! Denn man hat neuerdings eine sehr
grosse Zahl von Beobachtungen über einen E i n f 1 u s s
des Mondes auf die Anzahl der Gewitter
gesammelt; gemacht sind sie an den verschiedensten Orten,
in Greenwich, Hamburg, Paris, Madrid, Wien, Prag, Graz,
Aachen, in den Vereinigten Staaten und in Batavia. Dies
Material ist dann überdies noch dem bekannten Astronomen
Pickering (Leiter der Sternwarte zu Philadelphia, ein
Organisator in seinem Fach und einer der erfolgreichsten
Mondforscher) zur Nachprüfung überwiesen worden, der
alles ausreichend fand, um festzustellen, dass die Zahl der
Gewitter in der ersten Hälfte des Mondlaufs etwas grösser
ist als in der zweiten von Vollmond bis Neumond, und
relativ am grössten bald nach Neumond im ersten Quadranten,
am kleinsten im dritten. Doch sei der Unterschied nicht
*) Honore Ftaugergue$} geb. 1755, schrieb mehrere Preisschriften
über die Brechung der Lichtstrahlen, Wasserhosen, Maschinen u. a.,
entdeckte den Kometen von 1811, beschäftigte sich in Viviers (im südl.
Frankreich — nach Littrotv —, nicht Verviers in Belgien, wie im Konversationslexikon
steht) mit Astronomie und starb dort 1836. — Red.
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1904/0047