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40 Psychische Studien* XXXI. Jahrg. 1. Heft. (Januar 1904.)
gross genug, um praktisch zur Voraussage verwendet zu
werden. „Danach scheint es," schliesst Pickering, „dass der
Mond ausser den Gezeiten und gewissen magnetischen
Störungen noch einen dritten Einfluss hat/
Also hatte Falb im Prinzip doch Recht und
die Volksmeinung mit ihm; allein man darf sich diese Einwirkungen
nicht so vorstellen, dass bei jedem Mondwechsel
auch ein Witterungswechsel deutlich wahrnehmbar stattfinde
. Das tritt häufig gar nicht ein, denn der Mondeinfluss
ist durchschnittlich sehr gering und verknüpft mit sehr
zahlreichen anderen kosmischen und planetarischen Wirkungen
; er versteckt sich daher vielfach unmerklich hinter
den übrigen Umständen der Wetterlage. Das hat nämlich
Falb nicht genügend berücksichtigt, auch nicht die Störungen
durch die Planeten, die er wohl für zu geringfügig ansah;
doch sind sie sehr wichtig und haben ihm namentlich bei
Erdbeben-Prognosen unvermerkt geholfen!
Der Einfluss des Mondes ist zahlenmässig bestimmt
durch die Tafeln der drei von Littrotv berücksichtigten
Forscher. Der Barometerstand ist bei
der Erdferne 1 mm höher als bei der Erdnähe. Die grösste
Differenz der Kurven des synodischen Monats von 29% Tagen
beträgt nach Bouvard 1,78 mm. Durch Zusammentreffen
gewisser Faktoren wird die Wirkung erhöht, so z. ß. entsteht
bei gleichzeitiger Erdnähe, Aequatorstand, Neumond
oder Vollmond ein tieferes Minimum und eine grössere
Wetterstöruug. Man muss aber auch annehmen, dass
wenigstens zum Theil die Attraktion die Ursache dieser
Wirkungen ist, denn Erdnähe wirkt wie Aequatorstand,
Erdferne wie die grossen Abweichungen. Wir können jedoch
diese Wirkungen auf das Luftmeer nur auf dessen Grunde
kontrolliren, wo sie sicher schon viel schwächer sind. Zu
einem anderen Theile scheinen aber auch andersartige
Wirkungen mitzusprechen. Die Erörterung dieser Elemente
würde hier zu weit führen.
Selbstverständlich muss der Mond, wie aufs Wetter
und den Vulkanismus, so auch auf tausenderlei irdische
Dinge wirken ; an sich schwach, doch in vielen Fällen auch
stärker, je nach der Empfänglichkeit, aber oft sehr versteckt.
Die moderne physikalische Wissenschaft vermag dies noch
weniger zu verstehen, weil sie glaubt, nur die absolute
mechanische Stärke der Energieformen sei
maassgebend. Das ist einer ihrer fundamentalen, grob-
fädigen Irrthümer. Bakterien vertragen stundenlang starke
elektrische Ströme ohne irgend welchen Nachtheil; eine sehr
schwache unsichtbare Strahlung kann sie in Minuten lähmen
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