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80 Psychische Studien. XXXI. Jahrg. 2. Heft (Februar 1904.)
Wirken allüberall erkennbar ist, ebenso wenig werden, als
die Schwerkraft, und keine Philosophie, die sich ernsthaft
an der Lösung des „Welträtsels'* versucht, wird zu
dauernden Ergebnissen und einwandfreien Schlüssen gelangen
, wenn sie keine Rücksicht auf sie nimmt.
Als ich meine Studien auf dem Gebiete der okkultistischen
und spiritistischen Litteratur fortsetzte und nach und
nach mit dem Inhalte der Werke hervorragender Forscher
und Denker vertraut wurde, gewann ich die Ueberzeugung,
dass die seltsamen Erscheinungen, die seit dem Jahre 1848
in überraschender Fülle jenseits und diesseits des atlantischen
Ozeans beobachtet wurden, weder zufällig stattfanden,
noch von dem Wunsche und Willen irgend ekes oder
mehrerer Menschen abhingen, obwohl sie sich zuweilen geradezu
aufdrängten, sondern dass sie gemäss dem Plane
einer höheren Weisheit die Aufmerksamkeit Unzähliger
auf das dunkle Geheimniss lenken sollten, das den Tod und die
stummen Gräber umgiebt. Dieser Anschauung widerspricht
die Thatsache keineswegs, dass sich zu allen Zeiten und
an verschiedenen Orten spiritistische Phänomene bemerkbar
machten; denn die Gesetze, die den Weltlauf beherrschen,
sind unveränderlich, aber eine solch unerhörte Häufigkeit
der Kundgebungen ist nirgends und niemals historisch
beglaubigt.
Mit dem experimentellen Spiritismus mich zu beschäftigen
, hatte ich zu keiner Zeit besonderes Verlangen
empfunden, weil ich die von Wallace, Crookes, Zöllner und
anderen ausgezeichneten Gelehrten gewonnenen Versuchsergebnisse
sehr hoch einschätze und mir keineswegs die
Fähigkeit beimesse, auch nur annähernd so gut und aufmerksam
beobachten zu können, als Männer, die durch
jahrelange Uebung einen geschärften Blick besitzen und sich
als erfahrene Experimentatoren vor Trug und Täuschung
zu schützen wissen. Als sich mir im Frühjahre 1901 die
Gelegenheit darbot, ein Züricher Medium kennen zu lernen,
zögerte ich denn auch mehrere Wochen lang, bevor ich mich
entschloss, die Mittlerin zu einer Sitzung in dem von uns
bewohnten Landhause einzuladen. Im Juni geschah dies
endlich, und in der Sitzung, die bei hellem Tageslichte stattfand
und an der meine Frau, das Medium, mein Vater,
ich und ein Spiritist aus Zürich teilnahmen, ereignete sich
anfänglich nichts, was besonders bemerkenswerth gewesen
wäre. Das Tischchen, um das wir uns mit aufgelegten
Händen gesetzt hatten, bewegte sich sehr bald und es begann
eine ziemlich belanglose Unterhaltung mit den anwesenden
„Intelligenzen", die sich auf typtologischem Wege
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