Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
31. Jahrgang.1904
Seite: 101
(PDF, 224 MB)
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v. Seeland: Die Logik der materialistischen Lehre etc. 101

Die Logik der materialistischen Lehre und ihre
Werthschätzung des Lebens.

Vom f kaiserl. russ. Geheimrath u. Generalarzt a. D.

Dr. Itfik. v. Seeland.

(Fortsetzung von Seite 30.)

VIII.

Gehen wir nunmehr zur Betrachtung der Frage von
dem Verhältniss der Moral zur verneinenden Weltanschauung
über. Auch hier erweist es sich als ein Irrthum
der Materialisten, wenn sie die Sittlichkeit und deren Fortschritt
als ganz unabhängig von religiöser Weltanschauung
hinstellen, was namentlich im Sinne des sittlichen Fortschritts
kaum zur Hälfte zutrifft. In dem Stücke freilich
haben sie Recht, als sie hervorheben, dass einerseits Religiosität
und Unsittlichkeit sich bei einem und demselben
Menschen vorfinden können und thatsächlich nicht selten
vorfinden (wobei übrigens immerhin die „Religiosität" in
solchen Fällen nicht im reinen, sondern nur einem oberflächlich
äusserlichen Sinne aufgefasst zu werden pflegt),
und dass andrerseits sittliche Kräfte unabhängig vom
Glauben entstehen können. Letzteres folgt schon daraus,
dass gewisse moralische Regungen und Eigenschaften sich
unwillkührlich, als Produkt einer seelischen Reaktion zufällig
ausgestandener Leiden, einstellen. So nimmt z. B.
die Kraft der Geduld in dem Maasse zu, als der Mensch
gezwungen ist, diese oder jene Prüfungen auszustehen, in
ähnlicher Weise, wie die Muskelkraft durch üebung im
Heben von Lasten gestärkt wird. Desgleichen ist es ausser
allem Zweifel, dass gleichgültige und selbstsüchtige Menschen,
welche schliesslich die Macht des Unglücks an sich selbst
erfahren, infolgedessen gegen andere Leidende nachsichtiger
und mitleidiger werden. Wenn ein Trinker durch längere
erzwungene Spirituosenentziehung und Anhaltung zu einer
regelmässigen Beschäftigung im Arbeitshause, mitunter von
seinem Hang zu Ausschweifungen geheilt wird, was ist dann
sein jetziger Zustand, als ein Zuwachs von sittlicher Kraft?
Und ähüiche Beispiele Hessen sich in Menge vorbringen.

Dass nichtsdestoweniger die sittlichen Kräfte durch
Entgegenwinken unbegrenzter Ideale einen mächtigen
Aufschwung und eine bewusste Ergänzung empfangen, ist
ebenso natürlich, wie eine Zunahme physischer Kräfte unter
der Mitwirkung tröstlicher Aussichten. Ein Wanderer, der
bereits vor Müdigkeit am Zusammensinken war, fühlt neue
Kräfte, sobald ihm gewisse Anzeichen die Nähe der Her-


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