Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
31. Jahrgang.1904
Seite: 107
(PDF, 224 MB)
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Heuss: Genialität and Verrücktheit.

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Ursache erklärlich, dass dann der hier konzentrirte Ideenkomplex
üppiger wuchert und, wo nicht rechtzeitig eingeschränkt
, schliesslich in religiöse Wahnvorstellungen ausarten
kann, ja muss.

Die Gehirnerweichung, Gehirnlähmung oder Gehirnschwäche
endlich, die sich ja besonders in vorgerücktem
Alter vielfach einstellt, ist das völlige Unbrauchbarwerden
des abgenutzten Instrumentes, sei es aus Mangel an erforderlichem
Stoffersatz, sei es durch irgendwelche andere störenden
oder gar zerstörenden Einflüsse von aussen.

In allen diesen Fällen ist also von einer geistigen Erkrankung
im speziellen Sinne, von einer Erkrankung
des Geistes nicht die Rede. Nur sein Instrument,
das Gehirn, ist defekt. Wir dürfen hier also nur von
„Geistesstörung" im Sinne einer Verhinderung reden, d. h.
einer Hemmung des Geistes, sich frei auszuwirken. Vermag
doch auch der genialste Komponist seine herrlichsten Melodien
nicht wiederzugeben auf einem Piano, dessen Saiten
nicht recht gespannt, falsch gestimmt, womöglich gar zersprungen
sind, oder dessen Tasten nicht anschlagen. Ja
wenn auch nur das Pedal knarrt oder ein Basston stets
mitbrummt, so klingt selbst in das reinste Spiel ohne Willen,
ohne Schuld des Musizirenden stets ein störender Misston
hinein. Der Virtuos aber, welcher auf solchem jämmerlichen
Klimperkasten spielen muss, bleibt darum dennoch
Virtuos, und seine Melodien werden deshalb auch nicht
schlechter. Der einzige Schaden ist eben der, dass ihm
kein besseres Instrument zur Verfügung steht.

Obgleich übrigens die heutzutage noch vorwiegend
materialistische Psychiatrie das soeben im Bilde geschilderte
Verhältniss zwischen dem menschlichen Geist und Gehirn
keineswegs anerkennt, weiss man den angeführten physischen
Mängeln derselben in ziemlich zweckentsprechender Weise
beizukommen. Denn wie den ganzen Körper, so fassen die
meisten Irrenärzte eben (aber von grundsätzlich anderem
Gesichtspunkt als der Okkultismus) aucli das Gehirn als
Maschine auf und suchen deien Defekte daher auf natürlichem
Wege zu heben. Man verschafft dem gestörten
Denkwerkzeug zunächst Euhe, sodann grösseren Blutandrang,
kräftigeren Stoffersatz durch Zuführung der erforderlichen
phosphorhaltigen Bestandteile, kurz: alle die Bedingungen,
welche eben eine Reparatur, eine Regeneration erleichtern
und herbeiführen helfen. Und wo noch keine zerstörenden
Einflüsse das Organ getroffen haben, da gelangt man mit
diesen Mitteln auch nicht selten zum gewünschten Ziele.
Auf die Reihe der physiologischen Ursachen, welche durch


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