Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
31. Jahrgang.1904
Seite: 111
(PDF, 224 MB)
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Reusa: Genialität und Verrücktheit. III

täten. Als solche zählt uns Lombroso auf: „Melancholie,
den Hang zur Einsamkeit, äusserst zarte Empfindsamkeit
und Heftigkeit der Stimmungen, fc erner die ausgesprochenste
Gleichgiltigkeit gegenüber allen irdischen Bedürfnissen, praktischem
Nutzen und der Erlangung weltlicher Vortheile.
Und schliesslich ein oft zum Grössenwahn gesteigertes
Selbstbewusstsein, sowie jene Originalität, die nicht selten
in einer Sprache sich ofienbart, welche Andern völlig unverständlich
ist."

Unter dem Gesichtspunkte der Höherentwickelung über
die Schranken des Irdischen hinaus ist der bei vielen Genies,
z. B. bei Rousseau beobachtete Trübsinn psychologisch
sehr verständlich. Wird nämlich der geniale Mensch sich
dessen mehr und mehr bewusst, dass, und wie weit er seinen
Zeitgenossen geistig vorauseilt, wenn er von ihnen sich unverstanden
, wohl gar missdeutet sieht, so wird, so muss er
sich naturgemäss fremd fühlen in seiner irdischen Umgebung.
Der ihn befallende Trübsinn ist daher nur die erklärliche
Aeusserung seines Heimwehs nach jenen Sphären, denen er
als Genius sich schon angehörend fühlt.

So wird es uns verständlich, weshalb Lombroso sich ge-
nöthigt sah, gerade den Trübsinn als ein sehr vorherrschendes
Merkmal genialer Menschen anzuführen. Nicht weniger
jedoch ein starkes, oft zum Grössenwahn gesteigertes
Selbstbewusstsein. Nun, ist denn
ein Mensch, der klar erkennt, um wieviel Stufen er auf der
Himmelsleiter der Entwickelung höher steht, als alle um
ihn her, im Grunde nicht ganz berechtigt, diese Thatsache
sich selber einzugestehen? Dass er es andern sagt oder sie
gern fühlen lässt, das ist doch nur eine Unklugheit, die um
ihrer Naivität willen sogar ganz verzeihlich ist, ja, sympathisch
berührt. Beim wahrhaft erhabenen Genius möchte
ich diesen Charakterzug daher nicht Grössenwahn, sondern
vielmehr Grössenbewusstsein nennen. Von Grössenwahn,
der Karrikatur desselben, ist doch nur da die Rede, wo
Sein und Wähnen nicht im Einklang stehen, wo also eine
krankhafte Steigerung des Gedankens vorliegt, wie bei
Schopenhauer, der einem Oelgemälde seiner eigenen Person
eine Art Kapelle in seinem Hause errichten Hess.

Das unverständliche Reden, dem wir z. B.
bei Hölderlin, Nietzsche u. A. begegnen, wird gleichfalls, als
Ausfluss medialer Begabung betrachtet, uns schon verständlicher
werden. Wohlgemerkt müssen wir hier aber drei
Möglichkeiten streng auseinanderhalten. Nämlich
erstens jenen Zustand, wo in Folge physischer Ursach
en^das Denkwerkzeug, das Hirn, nicht richtig funk-


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